EU-Gipfel zu Wiederaufbaufonds: Brüsseler Maskenball
Beim EU-Gipfel herrscht die Sorge, dass sich Deutschland blamieren könnte. Ungarns Premier Viktor Orbán droht mit einem Veto.
BRÜSSEL taz | Ein EU-Gipfel als Maskenball: Mit ungewöhnlichen Schutzvorkehrungen und Gesichtsmasken für die 27 Staats- und Regierungschefs hat am Freitag das erste europäische Spitzentreffen seit der Coronapandemie in Brüssel begonnen. Journalisten waren nicht zugelassen, auch die Zahl der Berater und Diplomaten war begrenzt.
Kanzlerin Angela Merkel und Gipfelchef Charles Michel mussten improvisieren. Statt der sonst üblichen Umarmungen und Küsschen begrüßte man sich per Ellenbogencheck, nur die Mitglieder der osteuropäischen Visegrad-Gruppe wagten den Händedruck. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán zeigte sich sogar ohne Maske.
Doch das sollten so ziemlich die einzigen Lockerungsübungen bleiben auf diesem ungewöhnlichen Gipfel, bei dem es um den Wiederaufbau nach Corona und das künftige EU-Budget geht. Das Treffen war von Beginn an angespannt. Vor allem Merkel – die am Freitag ihren 66. Geburtstag feierte – war die Nervosität anzumerken.
Sie erwarte „sehr, sehr schwere Verhandlungen“, sagte Merkel bei der Ankunft im hermetisch abgeriegelten Ratsgebäude. Man werde „hart arbeiten“ müssen, um eine Einigung zu erzielen. Auch Kommissionschefin Ursula von der Leyen betonte den Ernst der Lage. „Es könnte das Risiko heute nicht größer sein“, sagte die Merkel-Vertraute.
Rote Linien und Vetodrohungen
Von dem demonstrativ zur Schau getragenen Optimismus, mit dem Merkel und von der Leyen Anfang Juli in den deutschen Ratsvorsitz gestartet waren, war nichts mehr zu spüren. Im Vordergrund steht vielmehr die Sorge, dass der Gipfel an roten Linien und Vetodrohungen scheitern könnte – und sich die deutsche Doppelspitze blamiert.
Die Hürden scheinen fast unüberwindlich. Die 27 ringen nicht nur um den 750 Milliarden Euro schweren, schuldenfinanzierten Wiederaufbaufonds und das neue EU-Budget, das auf 1,075 Billionen Euro schrumpfen soll. Streit gibt es auch über die Verteilung der Finanzmittel, die geplanten neuen Reformauflagen und um den Rechtsstaat.
Michel hat vorgeschlagen, die Auszahlung von EU-Hilfen an die Rechtsstaatlichkeit zu binden. Doch genau das will Orbán verhindern. Er droht mit einem Veto gegen das gesamte, fast 2 Billionen Euro schwere Finanzpaket. Dies wiederum veranlasste Portugal und Luxemburg, die Rechtsstaatsbindung infrage zu stellen.
„Wenn jeder nach Brüssel mit seiner Liste von Dingen kommt, über die man nicht sprechen darf, bleiben wir besser zu Hause“, sagte Luxemburgs Premier Xavier Bettel zu Orbán. Jedoch sei es „sehr heikel“, die Coronahilfen von einem Kompromiss mit Ungarn abhängig zu machen. „Es wäre schlimm, den Italienern und Spaniern zu sagen: ‚Wir haben nichts für euch erreicht, weil die Ungarn den Rechtsstaat nicht wollten.‘“
Bettel schlug vor, das Thema notfalls auszuklammern. Dies ist jedoch eine rote Linie für den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Er fordert nicht nur eine Rechtsstaatsklausel, sondern eine „absolute Garantie“, dass die Empfänger von EU-Hilfen auch Reformen einleiten. Die Chance auf eine Einigung liege unter 50 Prozent, so Rutte – seine harte Haltung hat sie gewiss nicht erhöht.
Leser*innenkommentare
Vordenker112
Maskenball!!! Was soll das? Zuerst waren von 750 Milliarden die Rede, nun sollen es insgesamt 1,8 Billionen sein !!! Sind wir zu naiv zum Rechnen? Und Mr. Michel will nur 50 Mrd. Von den Zuschüssen zurückschrauben?
Aymen
Blöd wenn man Staaten wie Ungarn und Polen in die EU aufnimmt, bevor man interne Abläufe und Strukturen reformiert. Jetzt hat man den Salat und macht sich durch solche Staaten erpressbar.
Reinhold Schramm
Grundsätzliches!
Kein deutsches Steuergeld und Volksvermögen für die Finanzierung der italienischen Mafia!
Die korrupten italienischen Eliten in Politik und Wirtschaft, die italienische Mafia und Drogenbarone, die italienischen Vermögens-Millionäre und Milliardäre, sie dürfen nicht mit Steuergeldern der deutschen Erwerbs-Bevölkerung, über die deutsche Bundesregierung und Parlamentsparteien, finanziert werden!
Italiens Bevölkerung muss mit der epidemischen Korruption im Staat und in der Gesellschaft aufräumen und die mafiösen Organisationen liquidieren! Analoges gilt so auch für Spanien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien!
18.07.2020, R.S.
satgurupseudologos
soll der reaktionäre nationalist Victor Orban doch mit seinem veto drohen.soll er es meinetwegen sogar einlegen.es braucht uns nicht im gerigsten zu interessieren .ungarn braucht europa mehr als europa ungarn braucht.der vetoismus-muss sowieso ein ende haben wenn es einen souveränen demokratischen sozialen und ökologischen europäischen bundesstaat geben soll.
und wer würde es bedauern wenn ungarn aus der europäischen union austritt oder ausgeschlossen wird?
ungarn ist nicht wichtig.wichtig ist dass neoliberalismus ,rechtspopulismus, und nationalismus in der europäischen union keine zukunft haben !
wetten dass ungarn nur wenige jahre nach der politischen neugründung europas als europäischer bundesstaat vor dessen türen stehen und um seine wiederaufnahme bitten wird?
vulkansturm
@satgurupseudologos Leider muss man sich doch mit Ungarn und seinen Vetodrohungen herumschlagen. Ungarn denkt ja gar nicht daran, aus der EU auszuscheiden und herauswerfen kann man es auch nicht.
Vordenker112
@satgurupseudologos Ungarn steuert einiges bei! Handel,Wirtschaft, Grenzschutz ,82 % der Ausfuhren Ungarns gehen in EU-Länder ,Gesamtbeitrag zum EU-Haushalt – 1,076 Mrd. EUR.
(entspricht 0,85 % der Wirtschaftsleistung des Landes) ..also nicht nur abkassieren.