Youtube rettet Pingu-Girl

Auch ein Corona-Effekt: Das Kindermusical „Pingu-Girl rettet die Welt“ kann zurzeit nicht im Plöner Theater Zeitgeist aufgeführt werden. Also hat Komponist Matthias Meyer-Göllner es auf seinen Youtube-Kanal hochgeladen – und diese Notlösung hat sogar echte Vorteile

Superheldin mit flatterndem Cape und grüner Augenmaske: Für die Figur „Pingu-Girl“ stand Greta Thunberg Patin Foto: „Zeitgeist Theater“

Von Wilfried Hippen

Pinguine sind bei Kindern beliebt und verstopfen ihre Zimmer so wie früher mal Dinos. Dafür ist auch das Kino verantwortlich: Neben einer Reihe erfolgreicher Naturdokumentationen wie „Die Reise der Pinguine“ gab es in letzter Zeit eine wahre Pinguin-Schwemme in Animationsfilmen wie „Happy Feed“ und „Madagaskar“. Dazu kommt das Schwinden ihres Lebensraums infolge der Erderwärmung. Naheliegend also, Pinguine als Protagonisten zu wählen, wenn Kindern in einem Theaterstück oder Musical vom Klimawandel erzählt werden soll.

So dachte sich auch das Theater Zeitgeist in Plön, das jedes Jahr ein Stück für Kinder von fünf bis neun Jahren auf die Bühne bringt. In diesem Jahr ist es das Musical „Pingu-Girl rettet die Welt“ – bedingt durch die Coronakrise konnte es nicht wie geplant Ende April schon vor Publikum zur Premiere gebracht werden und ist nun als filmische Adaption im Internet zu finden.

Die Theatermacher*innen Carina und Christoph Kohrt haben zusammen mit dem Kieler Musikpädagogen und Kinderliedermacher Matthias Meyer-Göllner in den vergangenen Jahren bereits Stücke über Fledermäuse und Insekten entwickelt und aufgeführt. In ihrer neuen Produktion „Pingu-Girl rettet die Welt“ spielen die drei zwar auch Menschen wie eine Naturforscherin und einen Journalisten, vor allem aber treten sie als Pinguine auf – mit Fracks, weißen Pumphosen, schwarzen Wollmützen und roten Turnschuhen.

Ein wenig Greta Thunberg

Pinguin-Fan-Kindern muss sicher nicht erklärt werden, dass Pinguine ihre Eier statt auf dem kalten Eis auf ihren Füßen ausbrüten. Auch den langen Zug von der Brutkolonie zum offenen Meer, den die Pinguin-Mutter zurücklegt, um ihre Familie zu ernähren, werden die meisten Kinder, die sich das Stück nun via Youtube ansehen, sicher schon aus den Tierdokumentationen kennen. Aber in der Plöner Inszenierung kommt die Mutter von dieser langen Reise mit gerade einmal einem Fischlein (als Requisit Salzlakritz) zurück, und so muss „Pingu-Girl“ die Familie retten.

Carina Kohrt fliegt da als Superheldin mit flatterndem Cape und grüner Augenmaske zur Rettung der Pinguine herbei – Greta Thunberg stand dieser Figur Patin. Die Widersprüche ihrer Rolle als Idol vieler Kinder und Jugendlicher werden in dem Stück aufgegriffen. Da taucht dann zum Beispiel ein Journalist in der Antarktis auf, um über sie zu schreiben. Dazu singen die Schauspieler*innen: „Du bist meine Story“ – es ist ja ein Musical. Vor allem aber gelingt Pingu-Girl ohne Hilfe nichts – da erklingt dann passend: „Allein kann keiner.“

Eigentlich sollen die Kinder im Publikum Ideen haben, wie die Pinguine und die Welt gerettet werden können. Denn das Stück ist als Mitmachtheater konzipiert. In diesem Sinne ist es nur eine Notlösung, wenn „Pingu-Girl rettet die Welt“ nun auf Youtube in einer 51-minütigen Filmadaption präsentiert wird. Die Premiere auf der Bühne sollte im April sein, wurde aber verschoben.

Filmische Adaption

Doch auch die Videoversion des Stückes hat ihren eigenen Reiz, denn die Hausfotografin des „Theater Zeitgeist“, Isabell Strack, die für Kamera, Ton, Schnitt und Videobearbeitung verantwortlich ist, hat sich mit viel künstlerischen Ehrgeiz und Einfallsreichtum an die Arbeit gemacht.

Es ist kein abgefilmtes Theaterstück geworden, sondern eine Adaption, für die Strack verschiedene filmische Mittel einsetzte. So filmte sie etwa das Schlüpfen des Baby-Pinguins mit einer subjektiven Kamera, also aus dem Inneren des Eis heraus, und mittels einer Montage wirkt der Pinguin-Nachwuchs kleiner als sein Vater, obwohl beide von den Erwachsenen Christoph Kohrt und Matthias Meyer-Göllner gespielt werden.

Bei den Mitmachaktionen der Kinder musste Strack dann etwas schummeln. So befreien die realen Kinder der Familie Kohrt den Pinguin vom Plastikmüll und die scheinbar zur Bühne hinaufgerufenen Ideen der Kinder zur Rettung der Welt hat sie in einem Kindergarten gedreht und in den Film geschnitten.

Strack montierte außerdem Material aus einer Naturdokumentation in ihren Film, sodass reale Pinguine im Hintergrund übers Eis wandern und Pingu-Girl über die Antarktis fliegen kann, die auf der Bühne mit vielen weißen Kissen nur symbolisch heraufbeschworen wird. Diese Aufnahmen haben die Schweizer Naturfilmer Ruedi und Priska Abbühl gedreht, die ihre Bilder kostenlos zur Verfügung stellten, weil sie das Projekt „Pingu-Girl“ gut finden und unterstützen wollten.

Meyer-Göllner hat das Video auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht, den er seit elf Jahren betreibt und auf dem er mit Beiträgen wie „Fingerspiel TV“ und „Zappelbanden TV“ schon mal bis zu 60.000 Aufrufe bekam. Inzwischen hat er dort auch acht Folgen seiner Serie „Müllpiraten Doppel“ hochgeladen. In den letzten Monaten habe sich sein Kanal zu seinem „Hauptbetätigungsfeld“ entwickelt, sagt Meyer-Göllner.

Während er vor der Coronakrise ständig herumreiste, um vor Kindern zu singen, sitzt er nun vor allem zu Hause an seinem Schneidetisch. So könnte dies gezwungenermaßen ein neues Standbein für ihn werden, aber ihm fehle bei dieser Arbeit der direkte Kontakt mit den Kindern. Youtuber ist er bloß aus der Not heraus.

„Pingu-Girl rettet die Welt“ ist online unter www.youtube.com/user/Clipmazzi zu finden.

Live-Premiere: 20. 9., 15.30 Uhr, Aula am Schiffsthal, Plön.