Solidaritätsbekundung mit Wissler: Nach „NSU 2.0“ Morddrohungen

Die Linken-Politikerin Janine Wissler erhält anonyme Drohungen per Mail. Wie im Fall der Anwältin Başay-Yıldız führen Spuren zur Polizei.

Janine Wissler (Linke).

Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Linken in Hessen, hat im Februar Drohmails erhalten Foto: Andreas Arnold/dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Die Linken-Fraktionschefin im Hessischen Landtag und Vizevorsitzende der Bundespartei, Janine Wissler, 39, ist in E-Mails mit dem Tod bedroht worden. Der anonyme Absender hat die Schreiben mit „NSU2.0“ und mit Nazigrußformeln unterzeichnet. Dieser Vorgang erinnert an die ebenfalls anonymen Drohmails gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, die im Münchner NSU-Prozess die Nebenklage eine Opferfamilie vertreten hatte.

Başay-Yıldız war im August 2018 in E-Mails rassistisch beschimpft und ebenfalls mit dem Tod bedroht worden. Die Schreiben waren gleichfalls mit „NSU2.0“ unterzeichnet. Die Texte nahmen damals Bezug auf persönliche Daten der Anwältin und ihrer Familie, die öffentlich nicht bekannt waren. Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass solche Daten ohne dienstlichen Grund von einem Computer in einem Frankfurter Polizeirevier abgerufen worden waren.

Seitdem suchen Polizei und Staatsanwaltschaft den oder die Täter, bislang allerdings ohne Erfolg. So ist bis heute nicht klar, ob möglicherweise sogar Bedienstete der Polizei an den Einschüchterungsversuchen gegen die Rechtsanwältin beteiligt waren oder nicht. Die Ermittler stießen allerdings auf eine rechte Chatgruppe in der Frankfurter Polizei, die nationalsozialistische Parolen und Symbole geteilt hatte. Sechs Bedienstete waren deshalb suspendiert worden. Dieser Umstand löste weitere interne Untersuchungen in der hessischen Polizei aus, bei denen zahlreiche MitarbeiterInnen unter Verdacht gerieten. 30 Verfahren gelten als noch nicht abgeschlossen.

Drohmails bereits im Februar

Auch die Absender:in der gegen die Linkenpolitikerin Wissler gerichteten Mails verfügte offenbar über Daten, die öffentlich nicht zugänglich sind. In den Texten gibt er oder sie vor, dem Polizeiapparat anzugehören, und beschimpft die Beamten, die sich im Auftrag des Innenministers mit der internen Aufarbeitung der rechtsextremen Umtriebe in der hessischen Polizei befassen. Die Drohmails gegen Wissler waren im Februar verschickt worden. Nach taz-Informationen hatte die Politikerin die Polizei eingeschaltet, den Vorgang jedoch nicht publik gemacht.

Die Landesvorsitzenden der hessischen Linken, Petra Heimer und Jan Schalauske, nannten die Drohmails gegen Wissler einen „Angriff auf uns alle“ und betonten: „Wir werden unseren Kampf gegen rechts und für einen entschiedenen Antifaschismus noch weiter verstärken.“

In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP die Bedrohung ihrer Landtagskollegin Wissler als „abscheulich und widerwärtig“. Weiter heißt es da: „Die Parallelen zu den früheren Drohbriefen an die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız finden wir erschreckend. Janine Wissler kann sich der Solidarität aller demokratischer Fraktionen im Hessischen Landtag sicher sein. Wir können und werden unsere Demokratie gemeinsam gegen die Bedrohung von rechts verteidigen.“

Eine Sprecherin der hessischen Linken zeigte sich „positiv überrascht“. Die gemeinsame Erklärung der demokratischen Parteien sei ein gutes Signal, sagte sie der taz.

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