Gleichgeschlechtliche Partnerschaft: Montenegro traut sich

Der Balkanstaat führt gleichgeschlechtliche Partnerschaften ein. Man darf sich freuen, auch wenn damit längst nicht alles rundläuft für LGBTQ im Land.

Eine Frau mit einer Sturmmaske hält eine Regenbogenfahne

Pride-Parade in Podgorica im November 2018 Foto: Stevo Vasiljevic/reuters

Ausgerechnet die Menschen aus Montenegro, gern verspottet als „Bergserb*innen“, vor allem aus der Richtung Belgrad und Umgebung, trauen sich jetzt aus der Deckung. Nach mehreren Anläufen hat das Parlament in Podgorica die Einführung Eingetragener Lebenspartnerschaften beschlossen. Damit dürfen sich Schwule und Lesben künftig gleicher Rechte und Pflichten erfreuen wie heterosexuelle Eheleute. Nur bei der Adoption hört der Spaß auf, aber da haben ja auch andernorts vermeintlich aufgeklärte Geister noch Gesprächsbedarf.

Das Balkanland mit rund 600.000 Einwohner*innen steht nur selten im Zentrum internationaler Aufmerksamkeit. Im vergangenen November machte ein 19-jähriger trans Mann Schlagzeilen, der sich nach mehreren tätlichen Angriffen öffentlich taufen ließ.

Im Schoß der Orthodoxen Kirche Schutz zu suchen liegt in Montenegro nicht unbedingt nahe. Schließlich gehört es zum Standardprogramm der Popen, sich bevorzugt an Prides als „Paraden von Sodom und Gomorrha“ abzuarbeiten und LGBTQ-Menschen als „Päderasten“ zu verunglimpfen.

Diese kruden Thesen fallen bei vielen Politiker*innen und einem Großteil der Bevölkerung immer noch auf fruchtbaren Boden. Der Chef der größten Oppositionspartei, Nebošja Medojević, beklagte sich bitterlich. Nach allem, was die Community Montenegro schon weggenommen habe, wolle sie jetzt auch noch an die Familien ran.

Vorbereitung auf eine EU-Mitgliedschaft

Wie wohltuend waren da die Worte von Regierungschef Milo Đjukanović, der die Reife der Gesellschaft lobte und das Land einen Schritt näher an den am weitesten entwickelten Demokratien der Welt sieht. Überbordendes Engagement für LGBTQ-Belange ist nicht überliefert. Dafür war Đjukanović umso aktiver, wenn es um die Anbahnung lukrativer Geschäfte mit dem Schwerpunkt Zigarettenschmuggel ging.

Der Sinneswandel ist kein Zufall. Nach dem Nato-Beitritt 2017 möchte er sich für eine Mitgliedschaft in der EU empfehlen. Vor allem die Russ*innen, die sich im Immobiliensektor breitmachen und nach politischem Einfluss streben, sind ihm nicht geheuer. Doch von solchen Hintergedanken abgesehen: LGBTQ-Menschen feiern ihren Sieg und rüsten sich für die nächste Etappe. Wohl wissend: Da ist noch (Berg-)Luft nach oben.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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