Ronya Othmann
Orient Express
: Kein Fußbreit den faschistischen Grauen Wölfen

Foto: taz

Mit dem Warnen ist es so eine Sache. Man warnt und warnt und dann ist es zu spät. Kurdische Menschen in Deutschland und nichtkurdische Menschen, die sich mit ihnen beschäftigten, warnen seit Jahren vor den Grauen Wölfen.

Graue Wölfe, sie nennen sich selbst Ülkücü-Anhänger, sind türkische Faschist*innen. Mit schätzungsweise mehr als 18.500 Mitgliedern dürften sie die stärkste rechtsextreme Organisation hierzulande sein. Man könnte sie auch türkische Nazis nennen. Mit den deutschen Nazis haben sie nämlich viele Gemeinsamkeiten: nicht nur regelmäßige Sympathiebekundungen. Alparslan Türkeş, der die Grauen Wölfe gründete, war Hitlerverehrer und wurde noch lange nach seinem Tod als Führer verehrt.

Die Grauen Wölfe träumen von einem homogenen großtürkischen Reich, das alle Turkvölker vereint und vom Balkan bis nach China reicht. Sie propagieren die Überlegenheit der „türkischen Rasse“. Sie hassen Kurd*innen, Armenier*innen, Griech*innen, Jüd*innen, Kommunist*innen und queere Menschen.

Attila Hildmann, die Verschwörungsmythenschleuder, teilte vor einigen Wochen ein Foto in seiner Telegramgruppe, das ihn laut eigenen Angaben mit seinen Freunden zeigt. Zentral auf dem Bild, ein Mann mit Wolfsgruß (Zeigefinger und kleiner Finger gereckt, Ring und Mittelfinger berühren den Daumen). Hildmann titelte „Diese Presse Wichser sollen mich nur noch einmal in die rechte Ecke stellen...!“, garniert mit Wolfs-Emoji, Türkeiflagge und gekreuzten Schwertern.

Am 24. Juni griffen Hunderte Anhänger der Grauen Wölfe in Wien kurdischen Frauen an, die gegen die jüngsten Bomben- und Drohnenangriffe der Türkei auf kurdische und êzîdische Siedlungsgebiete demonstrierten. Die Anhänger der Grauen Wölfe warfen mit Steinen und Pyrotechnik. Kurdische Frauen wurden mit Messern und dem Tod bedroht. Am nächsten Tag attackierten sie das linksautonome Zentrum EKH.

Die Fünftage­vorschau

Do., 2. 7.

Michelle

Demishevich

Lost in

Trans*lation

Fr., 3. 7.

Anna Dushime

Bei aller Liebe

Mo., 6. 7.

Hengameh

Yaghoobifarah

Habibitus

Di., 7. 7.

Jürn Kruse

Nach Geburt

Mi., 8. 7.

Lin Hierse

Chinatown

kolumne@taz.de

Es ist nicht das erste Mal, dass die Grauen Wölfe gewalttätig werden. Sie haben in der Türkei und Kurdistan zahlreiche Morde und Massaker verübt. Auch in Deutschland gab es Anschläge. Aktuell wird gegen einen Anhänger der Grauen Wölfe ermittelt, er soll den Kurden Ibrahim Demir in Düsseldorf brutal zu Tode getreten haben.

Wenn es Tote gibt, ist es zu spät. Türkische Faschist*innen organisieren sich seit Jahren in Kultur- und Sportvereinen. Nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 in der Türkei solidarisierten sich die Grauen Wölfe mit der islamistischen AKP. Auch außerhalb der Organisationsstrukturen ist die faschistische Ideologie der Grauen Wölfe weit verbreitet. Sie zeigt sich auf dem Pausenhof wie auf Twitter. Jetzt gilt es, den Faschismus der Faschist*innen nicht länger zu entschuldigen („Sie hatten eine schwere Kindheit“, „Sie sind abgehängt“, „Sie sind auch Opfer von Rassismus“), sondern ihm aktiv entgegenzutreten. Kein Fußbreit dem Faschismus.