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Archiv-Artikel

Wo „der Lange“ gegen den Landwirt ackert

taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Porträt. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Soest

Soest?Der Wahlkreis 147 liegt in der beschaulichen Hellwegregion. Drei malerisch-marode Heilbäder, subventionierte Zuckerrübenbauern und Orte, die man nur aus der Stauschau kennt, geben der Region einen idyllisch strukturkonservativen Charakter. Trotz ihrer viel gepriesenen Böden ist die Börderegion kein guter Acker für rotes Gedankengut. Bei der NRW-Kommunalwahl 2004 wurde der letzte SPD-Bürgermeister in der Bierstadt Warstein weg gesenst. Seitdem herrscht in dem 306.000 Einwohner großen Kreis eine schwarze Monokultur.Wer verteidigt den Wahlkreis?Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU). Nein, kein pseudo-alternativer Doppelname – der 55-Jährige ist Landwirt. Zig Hektar Land, katholisch, Vater von vier Kindern und seit 28 Jahren verheiratet mit seiner Mechthild. Die wird auf seiner Webseite in einer interessanten Reihenfolge als „Hausfrau und Ärztin“ vorgestellt. Klar, Schulte-Drüggelte sitzt im Agrarausschuss. Groß aufgefallen ist er nicht in seiner ersten Legislaturperiode. Das ist auch schon was. Zur Belohnung bekommt der brave Hinterbänkler nun eine Garantie für den Einzug – Platz 16 auf der Landesreserveliste. Wer will den Wahlkreis?Der Lange muss in den Bundestag“, steht auf den T-Shirts der Juso-Wahlkämpfer. Gemeint ist SPD-Herausforderer Eike Hovermann. Nur die Halbglatze verhindert, dass der 1,98 Meter große Recke beim täglichen Klinkenputzen gleichzeitig den Türrahmen bürstet. „Der Lange“ ist auch in der Partei ein hohes Tier. Dritter Platz auf der Landesliste– eine sichere Bank. Die braucht ein Sozi auch im Kreis Soest. Zum ersten und bisher einzigen Mal gewann der 59-Jährige 1998 den Wahlkreis für die SPD. 0,1 Prozentpunkte Vorsprung – enger geht‘s nimmer. Ein Wahlkampfbus mit 20 Jusos und SPD-Senioren soll das Ding drehen. „Wir werden wie Heuschrecken über Märkte und Fußgängerzonen herfallen“, sagt Hovermann. In dem Punkt hat der kanzlertreue Genosse wohl eine von Müntes Metaphern falsch verstanden.Die großen Außenseiter?Obwohl die FDP mancherorts im Kreisgebiet bereits 20 Prozent absahnt, hat ihr Direktkandidat Fourusan Madjlessi keine Chance. Mit Platz 22 auf der Landesliste macht sich der 39-jährige Zahnarzt wenig Hoffnungen. Beim letzten Mal hätten die Liberalen beinahe einen heillos verschuldeten Grafiker aufgestellt, der später den Leiter der Kreditabteilung und sich selbst tötete. Für die Grünen tritt erneut Udo Müller an. Der 49-jährige Berufsbetreuer sitzt seit einem Jahr im Kreistag. Ohne Landeslistenplatz wird‘s dabei auch bleiben. Alles andere als grün sind sich Linkspartei und WASG. Nützt keinem von beiden, aber der SPD.taz-PrognoseFür Schulte-Drüggelte wird es eng, aber der CDU-Mann macht das Rennen. Hovermann zieht über die SPD-Landesliste ein. Mehr geht nicht im Kreis Soest.

RALF GÖTZE