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Ansichten der Leere

Wenn die sonst so überlaufenen Hotspots des globalen Tourismus verwaist daliegen: Die Arte-Reportagereihe „Re:“ führt in „Corona-Geisterstädte“

Post-apokalyptisch wie im Kino: Manhattan während der Pandemie Foto: Arte

Von Wilfried Hippen

Es sind Sehnsuchtsorte, besucht von Millionen Touristen jedes Jahr: die ­Rialtobrücke in Venedig, der Pariser ­Eifelturm in Paris, der Times Square in New York City oder Londons Trafalgar Square. Jetzt gibt es andere, vorher nie gesehene Bilder davon: Die sonst von den Massen überlaufenen Orte sind menschenleer, oder wenigstens beinahe. Die schockierenden Spiegelbilder zu all den Postkartenansichten und all dem Instagramfutter verdeutlichen, wie tiefgreifend und global die Auswirkungen der Coronapandemie sind. Davon erzählt die 30-minütige Reportage „Re. Die Corona-Geisterstädte“, die am Freitagabend der Fernsehsender Arte ausstrahlt.

Die Hamburger Fernsehproduktionsfirma Spiegel TV, eine von drei regelmäßig für „Re:“ gebuchten, hat ihre in diesen Metropolen arbeitenden Teams losgeschickt, um Momentaufnahmen zu machen: Was normalerweise längst zum visuellen Klischee geworden ist, musste plötzlich doch noch mal eingefangen werden.

Für die Reportage wurden dann doch auch Menschen befragt. Und das Wort, das dabei am häufigsten fällt: Apokalypse. Gleich mehrere auf den leeren Straßen angetroffene Passanten vergleichen das, was sie gerade erleben, mit einem Horror-oder Science-Fiction-Film. Und viele der zu Wort Kommenden wirken dabei wie in einem Schockzustand.

Eine Frau in New York berichtet von den ständig durch die Straßenschluchten rasenden Rettungswagen – überall sei der Tod präsent. Der New Yorker Taxifahrer Michael Klem, ebenso Leonardo d’Ambroso, Fahrradkurier in London, sprechen davon, dass sie wohl ihre Existenzgrundlage verloren haben. In Venedig fahren statt der Gondeln Polizei- und Ambulanzboote durch die Kanäle und in den sonst oft überfüllten U-Bahnen in Paris und London sitzen gerade mal ein, zwei Menschen – mit Mundschutz.

Sollte die Katastrophe auch ihr Gutes haben? Ein Venezianer erzählt, dass er statt des nie endenden Klapperns der Touristen-Rollkoffer auf dem Kopfsteinpflaster nun die Möwen hören könne – und „das Wasser in den Kanälen sieht nicht mehr aus wie aus einer Waschmaschine“. Und ein Pariser Familienvater freut sich über die ungewohnt gute Luft: „Die Kinder sind jetzt auch weniger krank.“

„Re: Die Corona-Geisterstädte“: Freitag, 15. 5., 19.40 Uhr, Arte. Die Reportage ist ab heute für 90 Tage auch in der Arte-Mediathek zu sehen

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