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Initiative für Verbindlichkeit

Eine Volksinitiative will erreichen, dass der Senat sich nicht über Bürgerentscheide hinwegsetzen kann. Die Forderung hat es in sich: Sie stellt das Verhältnis von Senat und Bezirkspolitik grundlegend in Frage

„Die Hamburger sind es leid, dass ihr demokratisches Engagement auf lokaler Ebene von einem selbstherrlichen Senat allzu oft einfach vom Tisch gewischt wird“

Thérèse Fiedler, Rechtsanwältin

Von Pascal Patrick Pfaff

Die Volksinitiative für die Verbindlichkeit von Bürgerbegehren hat dem Verfassungsausschuss der Bürgerschaft am Donnerstag ihr Anliegen vorgestellt. Sie fordert, dass „Bürgerbegehren ab dem Tag ihrer Anmeldung nicht mehr be- bzw. verhindert werden dürfen“. Zur Abgrenzung: Volksbegehren betreffen die Landesebene, Bürgerbegehren die Bezirksebene.

Das Ansinnen der Initiative hat es in sich, denn die Bezirke sind nach der Hamburgischen Verfassung untergeordnete Verwaltungseinheiten, die sich um lokale Belange kümmern sollen. Was von übergeordneter Bedeutung ist, bestimmt laut Bezirksverwaltungsgesetz der Senat. Eine Verbindlichkeit von Bürgerentscheiden würde nicht zu dieser Konstruktion passen.

„Die Hamburgerinnen und Hamburger sind es leid, dass ihr demokratisches Engagement auf lokaler Ebene von einem selbstherrlichen Senat allzu oft einfach vom Tisch gewischt wird“, sagt die Rechtsanwältin Thérèse Fiedler. Dieses Vorgehen mache die Mitbestimmung häufig zur Farce, fördere politischen Frust und schrecke ab, findet Fiedler, die zu den Vertrauensleuten der Volksinitiative gehört.

Zu den Fällen, in denen sich der Senat über einen Bürgerentscheid hinweggesetzt hat, gehört unter anderem die Schließung des Bismarckbades am Altonaer Bahnhof im Jahr 2005. „Aber auch das aktuelle Bürgerbegehren ‚Der wilde Wald bleibt‘ im Bezirk Mitte könnte im Falle eines Erfolgs vom Senat kassiert werden“, befürchtet die Initiative. Dabei geht es um den Vollhöfner Wald in Altenwerder, der Logistikflächen weichen soll.

Dass Bürger*innen mit einer Initiative Interessen, Wünsche und Vorschläge artikulieren können, um dafür in einem Parlament zu „werben“, findet Ulrich Karpen wichtig. Der emeritierte Professor für Staatsrecht an der Universität Hamburg saß von 1991 bis 2001 für die CDU in der Bürgerschaft.

Der taz gegenüber verweist er aber auch auf die Vorzüge einer repräsentativen Demokratie. „Eine Gruppe von 121 Menschen wie die Bürgerschaft kann die Dinge geradezu ‚durchkneten‘, durchdenken, diskutieren und entscheiden. Das ist bei Volksentscheiden natürlich nicht der Fall.“ Er halte aber den Ausgleich durch bestimmte Formen einer direkten Demokratie grundsätzlich für richtig – sofern sie auf starke Initiativen und Volksbegehren gestützt sind.

Die Initiative hatte im Februar 14.023 Unterschriften für ihre Forderung vorgelegt. Mindestens 10.000 waren nötig, um ein Befassung der Bürgerschaft zu erzwingen.

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