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petition der wocheJederman soll in Deutschland überall campen dürfen

Anlass der Petition

Das Reisen in den Zeiten der Corona­pandemie

Das wollen die Initiatoren

Dass man in der Natur campen kann, wo es einem gefällt

Das wollen sie nicht

Länger warten

Für Naturliebhaber*innen ist es ein Traum: durch Flora und Fauna wandern, scheinbar unberührte Kleinode entdecken – und die Nacht im mitgebrachten Zelt an Ort und Stelle verbringen. Was in den meisten skandinavischen Ländern Usus ist, zählt in Deutschland als Wildcamping – und ist damit verboten.

Das sollte sich ändern, findet Sebastian Veuskens. Er hat dafür die Petition „Jedermannsrecht befristet in Deutschland anwenden“ gestartet, die für eine Änderung der gesetzlichen Regelungen wirbt: „Das Übernachten für eine Nacht soll außerhalb von Schutzgebieten und in ausreichendem Abstand zu Wohnhäusern in Deutschland bis einschließlich Oktober generell erlaubt sein.“

Das sogenannte Jedermannsrecht, das es neben Einheimischen auch Tourist*innen erlaubt, in der freien Natur zu übernachten, hat besonders in Schweden, Norwegen und Finnland eine lange Tradition, es basiert auf uralten Regeln, in Schweden wurde das Recht 1994 im Grundgesetz fixiert. Aber auch in Schottland und der Schweiz bestehen ähnlich alte Regeln, die den Rahmen individueller Naturbenutzung bis hin zum Übernachten im Freien, Beerensammeln und Feuermachen ausdehnen. In Deutschland hingegen gilt lediglich ein „Betretungsrecht“: Wälder und Wiesen können begangen werden, sein Nachtquartier darf man aber nicht aufschlagen.

Veuskens findet, dass sich die Bedeutung naturnaher Erholung in der aktuellen Coronakrise verstärkt hat. Da die Sommerurlaubsplanungen vieler Menschen durch die Kontakt- und Reisebeschränkungen gefährdet sein könnten, sieht er im freien Camping eine Alternative zum Lagerkoller. Zum einen könnten so Abstandsregeln problemlos eingehalten und die Stauung in „touristischen Hotspots“ vermieden werden. Zum anderen würde sich gerade der naturnahe Erholungsbedarf in Großstädten besser abdecken lassen. Drei Viertel der Menschen in Deutschland leben in Städten, 80 Prozent der Bodennutzung machen aber Wald und Landwirtschaft aus.

Der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD) sieht eine solche Lösung als nicht tragfähig an: Deutschland habe „eine vollkommen andere Flächennutzung sowie Siedlungs- und Raumstruktur als die skandinavischen Länder, dementsprechend können derartige Konzepte nicht analog übertragen werden“, heißt es auf Anfrage der taz am wochenende. Maßnahmen im Sinne des Infektionsschutzes könnten auf Camping- und Wohnmobilstellplätzen besser umgesetzt werden.

In seiner Petition, die sich an den Deutschen Bundestag richtet, fordert Sebastian Veuskens den Gesetzgeber außerdem auf, Begleitmaßnahmen zur Einhaltung der Regeln zu schaffen: „Begleitende Informationskampagnen zu umweltgerechtem und nachhaltigem Übernachten in der Natur sollen vom Bund initiiert und gefördert werden.“ Die Einführung eines derartigen Gesetzes müsste schnell geschehen – die Regelung sollte jedoch zeitlich begrenzt sein. Damit solle das Anliegen eindeutig an die Auswirkungen der Coronakrise gekoppelt werden.

Würde eine derartige Maßnahme tatsächlich Einführung finden, dann sollte sie in Deutschland auch schlicht „Jedermenschsrecht“ heißen, wünscht sich Veuskens. Schließlich gehen auch Frauen gern zelten. Felix Lorber

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