piwik no script img

Das falsche olympische Motto

Der Senat wünscht sich wieder Olympische Spiele

VON BERT SCHULZ

Dass sich nach den erfolgreichen Olympischen Spielen in London jede Menge Städte ein ähnliches Spektakel herbeisehnen, überrascht nicht. Klar auch, dass Berlin da nicht hintanstehen kann. Für Sommerspiele „sind wir bereit“, tönt der Senatssprecher. Aber für die Stadt ist das olympische Motto „Dabei sein ist alles“ das falsche.

Das zeigt schon ein Blick in die (jüngere) Geschichte. Noch immer leidet Berlin unter den finanziellen Folgen der gescheiterten Bewerbung für Olympia 2000: Im blinden Glauben daran, dass niemand anders die Spiele bekommen könne, wurden Sportstätten errichtet, die heute keiner braucht. Die Kosten für diese berlintypische Gigantomanie, für den Unterhalt der meist leer stehenden Max-Schmeling-Halle und des Velodroms, trägt der Steuerzahler.

Den Bürgern nützt’s nichts

Die Erfahrung der jüngsten sportlichen Großereignisse hat zudem gezeigt, dass vor allem einer profitiert: der Veranstalter, in diesem Fall das furchterregende Internationale Olympische Komitee (IOC). Und dass einer verliert: die Bevölkerung in ärmeren Vierteln, die Sportpalästen weichen muss. In Berlin überlagert schon jetzt die Gentrifizierungsdebatte alle anderen Themen. Wer sich da noch ein Megaprojekt herbeiwünscht, zeigt, dass er keine Ahnung hat, was die Bürger bewegt.

Überhaupt wäre eine gewisse Bescheidenheit der politischen Klasse angebracht in Zeiten, da mit Milliardenhilfen für Banken, Staaten und Flughäfen nur so um sich geworfen wird. Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Warum also nicht Verzicht üben? Man könnte etwa den unsinnigen Renommierbau Stadtschloss beerdigen. Getreu dem olympischen Motto der deutschen Mannschaft: Silber oder Bronze müssen reichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen