piwik no script img

Kleinstadt mit Metropolen-Problem

Weil Familien aus dem Umland nachziehen, fehlen in Rendsburg Wohnungen für Geflüchtete

Von Esther Geißlinger

Die Stadt Rendsburg hat sich zum „sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärt, und „die Stimmung in der Stadt ist weiter positiv gegenüber Geflüchteten“, betont Rathaus-Specherin Dörte Riemer. Dennoch schlägt das Integrationsamt in Rendsburg Alarm: Während die Bundesmittel für Integrationskosten sinken, ziehen gleichzeitig große Familien aus dem Umland in die Kreisstadt. Es fehlt an Wohnungen.

Die Stadt am Nord-Ostsee-Kanal ist offenkundig attraktiv für Geflüchtete, jedenfalls attraktiver als die kleineren Gemeinden des Flächenkreises: Menschen, deren Aufenthaltsstatus gesichert ist, ziehen zu und lassen ihre Familienangehörigen nachkommen. Rund 2.700 frisch Zugewanderte leben inzwischen in der Kreisstadt, das entspricht 51 Prozent aller Erwerbsfähigen und Familien mit Fluchthintergrund im Kreisgebiet, heißt es im Jahresbericht des Integrationsamtes. Dank der Neubürger*innen ist die Einwohner*innenzahl der Stadt im Januar 2020 über die Marke von 30.000 gestiegen.

Obwohl eine steigende Bevölkerung ein Grund zur Freude für jede Verwaltung ist, bedeutet die Gruppe der Zugewanderten aber zusätzliche Arbeit und Kosten, so das Integrationsamt und nennt Sprachhürden sowie erhöhten Betreuungsbedarf in Kita und Schule.

Gleichzeitig weist der Kreis Rendsburg-Eckernförde weiter Personen zu, die sich noch im Verfahren befinden. Die Verwaltung möchte erreichen, dass künftig weniger Neuankömmlinge in die Stadt geschickt werden – über diesen Vorschlag sollen in der kommenden Woche die Ratsmitglieder entscheiden.

Die Kleinstadt bekommt ein Metropolen-Problem: Bezahlbare Quartiere mit über 75 Quadratmetern, wie sie für kinderreiche Familien gebraucht werden, „sind rar“, heißt es im Bericht. Doch die Kommune muss für Wohnraum sorgen und ihn auch zwischenfinanzieren, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. „Bis jetzt ist es immer noch gelungen, eine Lösung zu finden“, so Riemer. Aber es werde schwerer, Familien unterzubringen: „Teilweise erfolgten hastige interne Umverteilungen von Wohnung zu Wohnung.“

Würde der Kreis nun prozentual weniger Personen zuweisen, „wäre die Entspannung zwar nur gering, aber es wäre eine“, sagt die Rathaus-Sprecherin. Aber sie weiß auch: „Auf Zuzüge von Geflüchteten nach Abschluss des Asylverfahrens und den Nachzug von Familienangehörigen hat die Stadt keinen Einfluss.“

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen