Der letzte Sekt muss warten

Dieses Wochenende geht in Fessenheim der erste Block des ältesten AKWs Europas vom Netz. Für Atomkraftgegner ein Grund zur Freude – aber nicht ohne Einschränkung

Am Rhein, aber bald ohne Strom: Fessenheim Foto: imago

Aus Fessenheim Benno Stieber

Es ist das Ende eines langen Kampfs: Nach 43 Jahren Laufzeit soll an diesem Samstag im französischen Fessenheim der erste Block des ältesten Kernkraftwerks Europas stillgelegt werden. In dem Reaktor, den nur der Rhein von Deutschland trennt, kam es allein von 1989 bis 2008 kam es zu über 200 leichten und schwereren Zwischenfällen. „Die Sicherheitsstandards der European Nuclear Safety Regulation Group hat Fessenheim nie eingehalten“, sagt Sylvia Kotting-Uhl, die für die Grünen den Umweltausschuss des Bundestags leitet.

Eigentlich hatte schon 2012 der französische Präsident François Hollande angekündigt, den Problemreaktor stillzulegen. Das Versprechen wurde nicht gehalten. Das jetzige Ende von Fessenheim ist Teil einer Strategie von Emanuel Macron, Frankreichs Abhängigkeit von der Atomkraft zu verringern. 14 der 58 Reaktorblöcke in Frankreich will er langfristig abschalten – allerdings nach Fessenheim keinen weiteren während seiner Amtszeit. So soll der Anteil des französischen Atomstroms von 75 auf 50 Prozent reduziert werden.

Die Erleichterung über das Ende von Fessenheim ist auf deutscher Seite fast einhellig. Städte wie Freiburg mussten Evakuierungspläne für den Fall einer Havarie haben. Immerhin ist die Oberrheinregion ein Erdbebengebiet. Das Fest der trinationalen Protestbewegung aus Deutschen, Schweizern und Franzosen, die den Reaktor seit dem Bau begleitet hat, findet trotzdem erst eine Woche später statt. „Wir wollen nicht feiern, bevor wir sicher sind, dass der erste Block des Kernkraftwerks stillgelegt ist“, sagt Dora Pfeifer-Sugervom Aktionsbündnis „Fessenheim stilllegen jetzt“.

Für Axel Meyer, bis vor wenigen Monaten Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein, geht damit ein 43-jähriger Kampf zu Ende. Er war schon als junger Mann bei den Bauplatzbesetzungen gegen das geplante AKW Wyhl dabei, das nie gebaut wurde. Die Abschaltung von Fessenheim sieht er auch als Erfolg, ohne dass er euphorisch wird. Er will drei Flachen Sekt auf das Ende von Fessenheim ­köpfen: die erste im Juni, wenn der zweite Block in Fessenheim vom Netz geht, die zweite, wenn auch die Brennelemente aus dem Zwischenlager abtransportiert werden, und die dritte, wenn der Atommüll von Fessenheim wirklich nicht mehr strahlt – in etwa einer MillionJahre.