piwik no script img

Das Medienhaus im Klima-Wandel

Der einzige Klima-Wandel, den die taz kennt, ist die Entwicklung im eigenen Haus. Die Klimakrise braucht jetzt volle mediale Aufmerksamkeit. Dafür bündelt die taz ihre Kräfte und setzt auf neue Formate und Köpfe

Von Barbara Junge

Stell Dir vor Australien brennt … Ist damit nicht schon alles gesagt? Die Erderhitzung, die sprachlich bisher so harmlos als Erderwärmung daherkam, ist plötzlich richtig sichtbar geworden. Beim Betrachten der jüngsten Bilder hat viele Menschen eine fassungslose Hilflosigkeit erfasst. Wer will hier noch von „Klimawandel“ sprechen, der in Wahrheit eine Klimakrise ist? Auch für ein Medienhaus wie die taz markiert der Jahreswechsel 2019/2020 einen Einschnitt. Wir sprechen von der Klimakrise, um zu benennen was ist. Und wir gehen selbst in eine Klima-Offensive.

Ein großer Teil der Menschheit weiß, dass die fossile Gesellschaft unsere Lebensgrundlage zerstört. In ungeheurem Tempo, nicht erst in ferner Zukunft. Es müsste nichts logischer sein, als dass die Menschheit Notfallpläne entwickelt, sofort radikal umsteuert. Nur passiert das nicht.

Leonie Sontheimer

2019 kam da wie ein Aufbruch. Fridays for Future hat die Klimakrise weltweit zum Thema, in Deutschland zum Kernthema politischer Debatten gemacht. Das Time Magazine wählte Greta Thunberg zur Person des Jahres. Und im Frühjahr waren Millionen beim ersten weltweiten Klimastreik auf den Straßen.

Und jetzt, 2020 nach einem Jahr der Bewegung? Auf Dauer lässt sich so ein Mobilisierungsniveau nicht halten. Kinder müssen irgendwann auch wieder zur Schule. Andere Themen verdrängen die Klimakrise aus den Debatten.

Ist die taz deshalb gut beraten, dem Thema auch weiter wie 2019 einen so großen, einen überproportional großen Raum zu geben? Ja. Nur weil die Bewegung schwächer zu werden scheint, ist die Klimakrise ja noch nicht weg. Die Menschheit befüllt fleißig den globalen Ofen. Die Erde erhitzt sich weiter.

Klima-Offensive der taz

Deshalb wird die taz, die mit ihrer Klima- und generell mit ihrer Umweltberichterstattung schon eine Ausnahmestellung unter den großen Zeitungen hat, die Klimakrise 2020 auf allen Kanälen stark und noch stärker spielen. Und wir richten ein neues Projekt ein, unseren Klima-Hub.

Beate Wilms, Ressortleiterin Wirtschaft & Umwelt

Die Kolleg:innen in diesem Ideen­labor wollen digitale publizistische Formen und Formate entwickeln, mit denen die taz junge Umweltaktivist:innen und überhaupt jüngere Leute mit unserer Klimaexpertise erreicht Das ist allerdings keine 1-Punkt-Strategie. Das ganze Haus trägt auf verschiedenen Ebenen zur Klima-Offensive bei. Sie ruht auf den folgenden sechs Säulen:

Der Klima-Hub, ein Projektteam, bestehend aus Juliane Fiegler, Leonie Sontheimer und Céline Weimar-Dittmar, soll mit Social-Media-Inhalten die jüngeren Klimabewussten und Klimaaktiven erreichen. Dabei geht es um eine für alle verständliche Aufbereitung der Berichterstattung, um den Kontakt zu Umweltaktivist.innen und generell um viel Instagram und Video.

Die Produktentwicklung der taz im Netz verordnet sich 2020 die Klima­krise ebenfalls als Fokus. Das Ziel wird hier sein, die Sichtbarkeit der Klimaberichterstattung auf taz.de zu erhöhen und ein attraktives Format für Schwerpunkte zu entwickeln. Wenn Leser.innen über einzelne Artikel auf die Seite der taz kommen, sollen sie die Chance haben zu sehen, dass wir noch viel mehr dazu im Angebot haben.

Das Ressort Wirtschaft und Umwelt, die Leute, die mit Preisen für ihre Klima­berichterstattung überhäuft werden, arbeitet an der Sichtbarkeit des Themas in der taz gedruckt wie digital. In Vorbereitung sind eine wöchentliche Seite und ein prominenter Platz auf der Startseite der taz für das Thema. Die Kolleg.innen legen ihren Fokus insbesondere auf die Bewegung und auf die globale Dimension der Klimakrise.

Juliane Fiegler

Verlag und Marketing engagieren sich selbstverständlich genauso in der Klima-Offensive. Ein Testabo ist beispielsweise mit einer Spende an atmosfair verknüpft. Die taz Bewegung, unsere Plattform für soziale Bewegungen, konzentriert sich im Kontext der Offensive auf Protest für bessere Klimapolitik und Widerstand gegen Klimaleugnung. Bei der Buchmesse in Leipzig heißt unser Motto Klimakrise. Die Imagekampagne, die den digitalen Wandel der taz begleiten wird, hat Klima zum Thema.

Schon vorgelegt hat die Geschäftsführung, die das Ganze zusammen mit der Redaktion finanziert, außerdem mit dem taz-Neubau. Der kommt fast vollständig ohne konventionelle Klimaanlagen aus. Und oben im sechsten Stock sitzt ein Geschäftsführer, der die CO2-Bilanzen aller Angebote prüft. Welche Strategie für den Weg zur CO2-Neutralität am Ende dabei rauskommt, werden wir sehen.

Weil wir den gesellschaftlichen Klima-Wandel nur erreichen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen einbezogen werden, widmet die taz Panter Stiftung ihr Workshop-Konzept der Klimakrise. Schon zum letzten Workshop hat die Stiftung neben jungen Leuten, die sich für Journalismus interessieren, auch Aktivist.innen von Fridays for Future und Auszubildende aus einem Energieunternehmen eingeladen. Und der Panter Preis 2020 wird Klimaprojekten gewidmet sein.

Céline Weimar-Dittmar

Das Unwort des Jahres 2019 ist „Klimahysterie“. Geschenkt. Die taz hat schon Klima gemacht, als andere Medien noch treue Wachstumsapologeten waren. Wir werden das Thema auch jetzt machen, weil die Klimakrise nichts ist, was von Trends, Konjunkturen und Tagespolitik abhängt. Und weil sich die taz gerade mitten im digitalen Wandel befindet, soll die Klima-Offensive diesen Wandel mitprägen. Sie wird auf allen Plattformen und Kanälen laufen.

An der Stelle könnte ich mit Blick auf das Unwort des Jahres noch ganz besonnen versichern, dass die taz bei alldem aber auch nicht aufgeregt auf die Klimakrise reagiert. Ich bin nur nicht sicher, ob das die richtige Antwort wäre.

Barbara Junge ist stellvertretende Chefredakteurin der taz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen