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„Begrenzung ist nicht gleich Verzicht“

Der Postwachstumsökonom Niko Paech möchte sich an Weihnachten lieber auf das Wesentliche konzentrieren, statt dem alljährlichen Konsumrausch zu erliegen. So ließe sich Weihnachten mit einem ökologisch bewussten Leben verbinden

Raum für Fantasie: Bude auf einem Hamburger Weihnachtsmarkt Foto: Miguel Ferraz

Interview David Siegmund-Schultze

taz:Herr Paech, machen Sie überhaupt Geschenke zu Weihnachten?

Niko Paech: Ich beschränke mich auf sehr wenige, mir nahestehende Personen, die wirklich etwas brauchen.

Jedes Jahr werden zu Weihnachten neue Konsumrekorde gebrochen. Wie problematisch ist das?

Nicht nur die Rekorde der Konsumausgaben werden fortlaufend gebrochen. Obendrein erfolgt dies auf stetig höheren Niveaus der bereits vorhandenen Güterausstattung. Hinzu kommen die Weltreisen, um Weihnachten oder den Jahreswechsel unter Palmen zu verbringen. Gleichzeitig könnte der Furor um Nachhaltigkeit und Klimaschutz, insbesondere die sich daraus ableitenden Vorwürfe an eine untätige Politik nicht dröhnender sein. Dies erlaubt einen tiefen Blick in den mentalen Zustand einer sich modern gerierenden Gesellschaft, die an ihrer Doppelmoral zu scheitern droht.

Können Sie Weihnachten auch etwas Gutes abgewinnen?

Ach, wenn wenigstens die durchschnittliche Qualität des Glühweins auf den Weihnachtsmärkten zugenommen hätte … Außerdem war früher mehr Lametta. Mal im Ernst: Wenn ich an Weihnachten Familienmitglieder treffe, die ich sonst nicht so häufig sehe, ist das großartig für mich.

Wie sähe ein Fest in der Postwachstumsökonomie aus?

Ein plastikfreies, suffizientes und subsistentes Weihnachtsfest hieße überhaupt nicht, keinen Spaß zu haben oder das Schenken per se abzuschaffen. Aber denen, die Mann/Frau meint, unbedingt beglücken zu müssen, grundsätzlich nur ein einziges Geschenk zu geben, wäre ein erster Schritt. Zweitens zu versuchen, gebrauchte, selbst gestaltete oder künstlerische Dinge in den Fokus zu nehmen, könnte zu einer weiteren Entlastung führen.

Wie lässt sich Verzicht zur Weihnachtszeit schmackhaft machen?

Praktiken des Weglassens oder der Begrenzung auf das Wesentliche sind nicht mit Verzicht gleichzusetzen, sondern lassen sich gerade an Weihnachten als doppelte Befreiung empfinden. Erstens habe ich weniger Stress, spare Zeit und Geld, wenn ich nicht so viel beschaffen muss. Zweitens muss ich nicht irgendeine Konsumfreude vorspielen, die angesichts des ökologischen Zustandes nur noch aufzubringen vermag, wer seinen Verstand betäubt. Vereinfachen ließe sich das, indem mit möglichst vielen Menschen die Vereinbarung getroffen wird, sich gar nichts mehr oder nur eine Kleinigkeit zu schenken. Durch das Einführen und Etablieren derartiger Regeln fällt es auch jenen leichter, sich zu enthalten, die andernfalls Schamgefühle entwickeln könnten, weil sie meinen, irgendeiner Norm nicht zu genügen.

Foto: privat

Niko Paech,59,

ist Volkswirt und hat an der Universität Siegen eine außerplanmäßige Professur im Bereich der Pluralen Ökonomik inne. Er hat die Idee der Postwachstumsökonomie geprägt und ist ein konsequenter Kritiker eines auf Wachstum basierenden Wirtschaftsmodells.

Was essen Sie zu Weihnachten?

Vegetarische Dinge.

Was mit den Menschen machen, die an Weihnachten einfach mal jegliches Umweltbewusstsein ausblenden wollen?

Die friedlichste und zugleich wirksamste Form, damit umzugehen, besteht in der Konfrontation mit konsequent vorgelebten Gegenbeispielen. Wir können es uns nicht mehr erlauben, jeden noch so kuscheligen Wahnsinn damit zu rechtfertigen, dass seine Vermeidung ja hieße, irgendwem auf die Füße zu treten.

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