: Der Lange Marsch: Rückzug auf dem Weg zur Macht
Nur 5.000 von einst 87.000 Soldaten der Roten Armee überlebten 1934/35 den Kampf gegen Chiang Kai-shek
In den dreißiger Jahren tobt in China ein brutaler Bürgerkrieg. Im Kampf um die Vorherrschaft steht General Chiang Kai-shek, Führer der nationalistischen Kuomintang-Partei, den militärisch weit unterlegenen, nur lose organisierten Kommunisten gegenüber. 87.000 Soldaten der Roten Armee begaben sich am 18. Oktober 1934 in der südlichen Provinz Jiangxi auf den sogenannten Langen Marsch.
Unter westlichen Historikern gilt die 12.500 Kilometer lange Odyssee mehr als ziellose Flucht vor den Truppen der Kuomintang denn als ausgeklügelte Militäroperation – eine Verzweiflungstat angesichts der Belagerung der Kuomintang. Die Rote Armee bestand hauptsächlich aus notdürftig ausgebildeten Bauern, die sich oftmals nur ohne Schuhwerk auf den Weg machten. Am Ende erreichen nur rund 5.000 Soldaten von ihnen die Stadt Yan’an in der Provinz Shaanxi.
Ein Deutscher mischte bei Mao mit
Von dort formierte sich die Kommunistische Partei neu, errichtete ein Hauptquartier und nahm schließlich die Herrschaft Chinas ein. Die Kuomintang galten zwar sowohl als zahlenmäßig weit überlegen und besser ausgerüstet, jedoch waren die Truppen vom gleichzeitigen Kampf gegen Invasoren aus Japan massiv geschwächt.
Beim Langen Marsch spielt auch ein gebürtiger Deutscher eine Schlüsselrolle: Otto Braun, in China „Li De“ (Li, der Deutsche) genannt, wuchs als Waisenkind bei München auf. Nach dem Ersten Weltkrieg stieg der überzeugte Kommunist bei der KPD als „Nachrichtenleiter“ auf und wurde mehrmals verhaftet. Es folgte die Flucht in die Sowjetrepublik, wo Stalin den Funktionär Braun nach China als Militärberater entsandte.
Nach mehreren verlustreichen Schlachten der Roten Armee beim Langen Marsch fiel der Deutsche jedoch in Ungnade und wurde im Spätsommer 1939 von Mao Zedong des Landes verwiesen. Später veröffentlichte Otto Braun im sowjetischen Exil seine Memoiren über seine Zeit in China, in denen er Maos späteres Auftreten und seinen Personenkult aufs Schärfste kritisierte.
Mao selbst wird den Langen Marsch später als reine Ansammlung an Heldentaten stilisieren: „Hat es in der Geschichte derartige Feldzüge wie unsern Langen Marsch schon gegeben? Nein, niemals. Der Lange Marsch ist ein Manifest, das der ganzen Welt verkündet hat, dass die Rote Armee aus Helden besteht.“ Fabian Kretschmer
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