Auf der Suche nach mehr Strom

Ägypten wächst und braucht Energie: aus Gas, Kohle, Atom, aber auch aus Wind und Sonne

Ägypten ist eines der wichtigsten Länder Afrikas in der Energie- und Klimapolitik. Das Land mit fast 100 Millionen Einwohnern hat den höchsten Energieverbrauch Nordafrikas. Der Hunger nach Elektrizität wird bei wachsender Bevölkerung und Wirtschaft weiter zunehmen, schätzungsweise um 7 Prozent pro Jahr. Von 2000 bis 2017 hat sich der Stromverbrauch auf etwa 164 Terawattstunden (Deutschland: 520 TWh) fast verdreifacht. Grund sind Industriebetriebe, aber auch private Klimaanlagen, die vor allem im Sommer für hohe Nachfrage sorgen. Immer wieder kommt es zu Stromausfällen.

Deshalb baut die Regierung die Energiewirtschaft massiv aus. Die Kapazität hat sich nach einem Bericht des Energie-Informa­tions­dienstes „Power Technology“ auf 42 Gigawatt Stromerzeugung verdreifacht (Deutschland: 214 GW). Bislang kommt der Strom zu 85 Prozent aus Gas. Ägypten ist der größte Ölproduzent Afrikas, der nicht Mitglied der Opec ist, und der zweitgrößte Gasproduzent. Die Öl- und Gasreserven des Landes sind beträchtlich, zusätzlich kann Flüssiggas importiert werden. Wegen des schnell steigenden Bedarfs plant die Regierung aber auch den Bau eines russischen Atom- und eines riesigen Kohlekraftwerks.

Für Solarenergie herrschen in Ägypten mit über 300 Sonnentagen im Jahr optimale Bedingungen. Manche Regionen des Landes, vor allem an der Rotmeerküste, weisen mit 10 Metern pro Sekunde extrem hohe Windgeschwindigkeiten auf. Laut einem Bericht der International Renewable Energy Agency (Irena) beläuft sich der Anteil erneuerbarer Energien derzeit auf fast 9 Prozent. Fast 80 Prozent davon stammen aus großen Staudämmen, die Reserven an Wasserkraft sind fast ausgereizt. Bis 2022 sollen laut Plan der Regierung 20 Prozent der gesamten Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen stammen, bis 2035 sogar 42 Prozent. Dazu hat die Regierung verkündet, bis 2035 jährlich 2,5 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Laut Irena müsste diese Investition für die Ziele aber auf 6,5 Milliarden verdreifacht werden.

Ägyptens CO2-Emissionen lagen 2018 bei 250 Millionen Tonnen – einem Drittel des deutschen Ausstoßes. Auch beim Pro-Kopf-Ausstoß liegt das Land mit 2,5 Tonnen weit hinter Deutschland mit etwa 9 Tonnen.

Ägyptens Klimaplan (NDC) konzentriert sich auf Anpassung an den Klimawandel, Rückgewinnung fruchtbaren Ackerlandes und die Steigerung des Einkommens. Der Plan warnt vor steigendem Meeresspiegel, der Küstenstädte wie Alexandria und den Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen des Landes, bedroht – etwa in den Tauchgebieten am Roten Meer. Das Land plant, vor allem Energie effektiver zu nutzen, und hofft auf Technologien aus Industrieländern. In den UN-Verhandlungen führt Ägypten mit anderen großen Ländern die Afrikanische Gruppe an und gilt als ein konstruktiver Partner.

Karim El-Gawhary, Bernhard Pötter