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Wachstum endlich ungebremst

Ökologisches Gärtnern soll nach der neuen Gartenordnung der Bremer Kleingartenvereine ausdrücklich erlaubt sein, Wildblumenwiesen gleichberechtigt neben kurzgeschorenen Rasen stehen. Heute steht sie zur Abstimmung

Wiesen sind zweimal pro Jahr zu mähen Foto: Stefan Puchner / dpa

VonEiken Bruhn

Wer in seinem Kleingarten seinen Rasen nicht mäht, sondern wild wachsen lässt, tut dies in Zukunft im Einklang mit gültigen Gesetzen. Am heutigen Mittwoch werden die Delegierten der Bremer Kleingartenvereine voraussichtlich eine neue Gartenordnung verabschieden.

Der zur Abstimmung stehende Entwurf würde das ökologische Gärtnern in den Vordergrund stellen, sagt Carsten Siemering, Fachberater bei den Gartenfreunden Bremen, dem Dachverband von rund 100 Kleingartenvereinen in Bremen und Bremerhaven. „Die Wildblumenwiese hat jetzt genauso ihre Daseinsberechtigung wie der kurz geschorene Rasen.“ Damit sei Bremen Vorreiter. Andere Landesverbände sind laut Siemering noch meilenweit davon entfernt.

Bereits nach der derzeit gültigen Gartenordnung ist es erlaubt, „Totholzbecken, Laubdecken und Wildkrautflächen“ anzulegen, um eine Artenvielfalt zu fördern. Aber nur an „dafür geeigneten Stellen nach vorheriger Absprache“. Das bedeutet: Wenn der Vorstand eines Kleingartenvereins auf aufgeräumte Gärten steht, kann er das – noch – untersagen. Eine Parzellistin, die anonym bleiben möchte, hat das in der Vahr erlebt. „Wir hatten extra einen Totholzhaufen angelegt, der auch bewohnt wurde, von Mäusen und Zaunkönigen“, erzählt sie. „Der Vorstand hat behauptet, das sei verboten, bei der Übergabe an die Pächter nach uns mussten wir ihn auflösen.“

Jetzt heißt es ausdrücklich: „Kleinere Totholzverstecke zum Schutz von Insekten und Kleintieren im Kleingarten sind erlaubt.“ Bis zu einen Quadratmeter dürfen sie groß sein. Auch „Wildkräuterflächen sowie fachgerecht angelegte Wildblumenwiesen mit zweimaliger Mahd sind mit einem Grenzabstand von einem Meter erlaubt“.

Von Trampolinverboten ist jetzt keine Rede mehr, Kindergeräusche zählen nicht als Lärm

Geduldet werden dürfen jetzt auch höher wachsende Obstbäume – so sie „ökologisch wertvoll und für das Gebiet prägend sind“. Und auch die Artenvielfalt unter den Spielgeräten bleibt erhalten. In dem letzten Entwurf der neuen Gartenordnung, den die Delegierten im vergangenen durchfallen ließen, sollten Trampoline verboten werden. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Unter den Bestimmungen zur Lärmvermeidung und Ruhezeiten heißt es sogar: „Geräusche spielender Kinder sind kein Lärm in diesem Sinne.“

Dass der neue Entwurf wieder abgelehnt wird, glaubt der Landesfachberater Carsten Siemering nicht. „Wir haben den mit der Basis abgestimmt, wenn Änderungsanträge kommen, dann wird es nur noch um Kleinigkeiten gehen.“ Von den Kleingartenrebellen, einer Gruppe engagierter Kleingärtner*innen, die den alten Entwurf heftig kritisiert hatten, kam bereits Zustimmung. „Der zeitgemäße Gedanke des naturnahen Gärtnerns wurde berücksichtigt, unsinnige Regulierungen wurden entfernt und die Sprache ist etwas freundlicher gehalten“, schrei­ben sie auf ihrer Homepage. „Wir hätten uns natürlich eine wesentlich ökologischer ausgerichtete Gartenordnung gewünscht, die in gewaltfreier Sprache gehalten wäre und eine für Pächter freundlichere Gliederung gehabt hätte.“

Zur Abstimmung kommt allerdings ein zweiter Entwurf eines Kleingartenvereins, der inhaltlich nahezu deckungsgleich ist, aber durch eine alphabetische Gliederung und einfacherer Sprache lesbarer und leichter verständlich ist.

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