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Warum Lula verhaftet wurde

Der Kampf um die Macht wird auch über die Gerichte ausgetragen

Ex-Präsident Lula wurde wegen passiver Korruption und Geldwäsche verurteilt

Im Jahr 2014 ging ein Beben durch Brasilien, als ein gigantischer Korruptionsskandal ans Licht kam. Eine in Brasiliens Geschichte einmalige Antikorruptionsoperation folgte – die „Operação Lava Jato“ (Operation Autowaschanlage). Ein junges dynamisches Team aus Richter*innen, Staatsanwält*innen und Er­mitt­ler*innen sagte der Korruption den Kampf an – anfangs auch mit großem Erfolg.

Etliche Politiker*innen und Manager*innen wurden der Korruption überführt. Auch zahlreiche Politiker*innen der damals amtierenden Arbeiterpartei PT wanderten ins Gefängnis. Der leitende Richter, Sérgio Moro, wurde zum Volkshelden. Die Linke hatte jedoch immer die politischen Ambitionen und die Schlagseite der Ermittler*innen kritisiert. Und in der Tat urteilten sie vor allem Linke in Schnellverfahren ab, trauten sich an viele konservative Politiker*innen nicht heran.

Die medienwirksam inszenierte Festnahme von Lula, der mithilfe der großen Medienhäuser zum Kopf einer kriminellen Vereinigung stilisiert wurde, war der Höhepunkt der Ermittlungen – aber auch die umstrittenste Entscheidung.

Lula wurde wegen passiver Korruption und Geldwäsche verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, ein dreistöckiges Luxusapartment in der Küstenstadt Grarujá im Gegenzug für Gefälligkeiten von einem Baukonzern erhalten zu haben. Lula wurde 2017 in zweiter Instanz zu neun Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Im April 2018 trat er seine Haftstrafe an.

Lula stritt ab, dass er oder seine Familie das Apartment je besessen hat. Beweise konnte die Staatsanwaltschaft keine liefern, sondern Indizien und zwei Kronzeugen, die gegen Lula aussagten. Im Februar 2019 wurde Lula in einem zweiten Verfahren verurteilt und seine Strafe auf zwölf Jahre und elf Monate verlängert.

Lula wird ebenso vorgeworfen, Nutznießer der Renovierung seines Landhauses bei São Paulo zu sein. Ein Bauunternehmen soll die Arbeiten durchgeführt und als Gegenleistung Vorteile bei Aufträgen erhalten haben. Wieder blieben die Staatsanwält*innen Beweise schuldig. „Für uns ist klar, dass es sich um einen politischen Prozess handelte und Lula keine Verbrechen begangen hat“, sagte der PT-Politiker Eduardo Suplicy der taz. Eine individuelle Schuld ist Lula nicht nachzuweisen; die Enthüllungen des Investigativmediums The Intercept Brasil“rücken die Lava-Jato-Ermittlungen zunehmend in ein schlechtes Licht.

Allerdings: Lula hat Mitschuld daran, dass in seiner Amtszeit die Korruption blühte. Dass er von alledem nichts gewusst haben soll, wie seine Partei betont, ist fraglich. (nfr)

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