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Fragile Zahlen, stabile Proteste

Mit einem Generalstreik im ganzen Land protestiert Boliviens Opposition gegen den „Wahlbetrug“

Aus Potosí Knut Henkel

Mit einem Generalstreik wollte Boliviens Opposition am Mittwoch gegen den mutmaßlichen Betrug bei den Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Sonntag protestieren. Der Streik lief am Mittwoch früh an – ungeachtet dessen, dass die jüngsten, in der Nacht von der Obersten Wahlbehörde veröffentlichten und immer noch vorläufigen Ergebnisse nun wieder den Abstand zwischen dem amtierenden Präsidenten Evo Morales und seinem konservativen Herausforderer Carlos Mesa nur noch bei 9,3 Prozentpunkten sahen. Damit hätte ­Morales nicht im ersten Wahlgang gewonnen, es käme zur Stichwahl am 15. Dezember.

Für die Opposition ist diese erneute Wendung allerdings offenbar kein Grund, nicht auf die Straße zu gehen, zum Beispiel in der alten Bergbaustadt Potosí. Straßenblockaden und Märsche sind die beiden wichtigsten Elemente, sagt Juan Carlos Manuel, Vizepräsident des zivilen Komitees von Potosí (Comcipo). Am Dienstagabend wurde in dem Versammlungshaus im Stadtkern von Potosí an der Strategie gefeilt und für Juan Carlos Manuel ist Widerstand berechtigt: „Hier in Potosí haben wir Beweise für den Wahlbetrug zusammengetragen. Vor allem in den abgelegenen Provinzen sind die Wahllisten dreist einmütig mit Kreuzen bei Evo Morales ausgefüllt worden, aber wir waren vor den Wahlen viel unterwegs und Evo hatte dort keinen großen Rückhalt mehr – die Unzufriedenheit überwog“, sagt er.

Als dann die Ergebnisse am Montag von dem Obersten Wahlgericht in La Paz vorgestellt wurden, ist in Potosí einigen Leuten der Kragen geplatzt, so Manuel. „Sie haben das lokale Wahlgericht angezündet.“ Das war am Montagabend, und nicht nur in Potosí, sondern auch in anderen Städten wie Sucre, Tarija und Santa Cruz kam es zu Ausschreitungen.

In Potosí selbst wurden ausgefüllte Stimmzettel, aber auch Listen von der Auszählung am Montag auf dem Müll gefunden und von Nachbarn in Sicherheit gebracht, berichtete am Dienstag der lokale Fernsehsender. Auch in Sopocachi, einem zentralen Stadtteil von La Paz, wurden Pappkartons mit Stimmzetteln von aufmerksamen Nachbarn in Sicherheit gebracht, berichtet der Direktor der kritischen Nichtregierungsorganisation CIEDIB. „Ich habe davon Fotos gemacht und all das sind Beispiele, die sich die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gut anschauen sollten“, meint der 40-jährige Soziologe.

Die OAS ist vielleicht die letzte Hoffnung, um die Regierung zur Räson zu bringen. Aufgrund des Drucks im Land, aber auch der internationalen Reaktionen hat die Regierung von Evo Morales die Wahlbeobachter der OAS eingeladen, die Arbeit des Obersten Wahlgerichts und der Auszählungsstellen unter die Lupe zu nehmen.

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