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Zusammenhalten im Schillerkiez

Der Eckkneipe Schiller’s droht Verdrängung, nachdem ihr Haus von den Samwer-Brüdern gekauft wurde

Von Peter Nowak

„Schiller’s muss bleiben!“, skandierten die etwa 70 Teil­nehmer*innen einer Demonstration am Samstagnachmittag in Neukölln. Sie demonstrierten für den Erhalt ihrer Lieblingskneipe: das Schiller’s im Schillerkiez. „Richtig urige Orte zum Verweilen kann es gar nicht genug in Berlin geben. Doch statt Gemütlichkeit mehr Raum zu geben, wird genau an dieser Stelle gekürzt“, meint ein Demo-Teilnehmer.

Dem Schiller’s droht die Schließung. Seit 2015 gehört das Haus, in dem die Eckkneipe ihre Räume hat, der Aramis Immobilien GmbH mit Sitz in München. Sie gehört zum Firmengeflecht der Samwer-Brüder, die in den vergangenen Jahren zunehmend in den Berliner Immobilienmarkt investiert haben. Im September sorgten sie mit der Kündigung von Arztpraxen im Haus der Gesundheit am Alexanderplatz für Schlagzeilen. In der Tucholskystraße 30 fürchtet die Kulturkneipe Zosch um ihren Erhalt, nachdem das Haus an das Firmenimperium der Brüder gefallen war.

Auch die MieterInnen der Schillerpromenade 26 hatten nach dem Eigentümerwechsel mit höheren Mieten und Betriebskosten zu kämpfen. Schiller’s-Besitzer Waldemar Schwienbacher bekam die Kündigung, nachdem der Pachtvertrag ausgelaufen war. Es folgte ein Angebot zur Vertragsverlängerung, aber zu einem höheren Mietpreis, den der Kneipier nicht aufbringen kann. Erst wollte Schwienbacher sich nicht wehren. Doch die Solidarität seiner StammkundInnen und vieler AnwohnerInnen hat ihn überrascht. Dazu gehört auch die Redaktion der Neuköllner Kiezzeitung Kiez und Kneipe, die im Schiller’s ihre Redaktionssitzungen abhält. Auch der grüne Bezirksstadtrat Jochen Biedermann hat sich in einem Brief an den Hausbesitzer für den Erhalt der Eckkneipe ausgesprochen. Unter dem Motto „Schiller’s soll bleiben“ haben AnwohnerInnen eine Onlinepetition gestartet.

Auch die Nutzer*innen der ebenfalls räumungsbedrohten Kiezkneipe Syndikat aus der Weisestraße haben die Demonstration unterstützt. „Die punkaffine Kundschaft des Syndikat und die Gäste des Schiller’s mag kulturell manches trennen. Im Kampf gegen die Verdrängung halten sie zusammen“, so eine Anwohnerin. „Erst verschwinden unsere Kneipen, dann wir“, sagt ein älterer Mann, der sich als Stammgast des Schiller’s vorstellt.

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