Die rassistische Mär vom reichen Chinesen

Chinesischstämmige Malaysier werden systematisch benachteiligt, um ethnische Malaien zu fördern. Das ist ineffizient und wird oft missbraucht

Yi Yi (Freundschaft) heißt dieser Panda im Zoo von Kuala Lumpur, der Sympathien für China gewinnen soll Foto: ap

Von Wong Kai Hui

Malaysia ist ein multikulturelles Land, in dem ethnische Chinesen 23 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Sie sind damit die zweitgrößte ethnische Gruppe. Die meisten malaysischen Chinesen stammen von Einwanderern ab, die vor Hunderten von Jahren gekommen sind. Die Geschichte malaysisch-chinesischer Geschäftsleute reicht weit vor die Unabhängigkeit von Großbritannien 1957 zurück. In einigen Städten gibt es chinesische Geschäfte, die älter als einhundert Jahre sind.

In den 1920er Jahren wurde die Vereinigte Chinesische Handels- und Industriekammer von Malaysia (ACCCIM) gegründet. Sie zählt heute über 100.000 Firmen. 1990 wurde die malaysisch-chinesische Handelskammer (MCCC) gegründet, um den Handel zwischen beiden Ländern zu fördern. Wegen der sprachlichen und kulturellen Vertrautheit sowie der langjährigen Geschäftsverbindungen ist Malaysia zu einem bevorzugten Investitionsziel von Unternehmen aus China geworden. Nach Angaben des Ministeriums für internationalen Handel und Industrie ist China seit 2009 einer der größten Handelspartner Malaysias und einer der größten ausländischen Investoren. 2018 lag China beim verarbeitenden Gewerbe mit Investitionen von umgerechnet 4,2 Milliarden Euro an erster Stelle. Als Nummer zwei investierte Indonesien mit 1,9 Milliarden Euro nicht einmal die Hälfte davon.

Obwohl Malaysia seit mehr als sechs Jahrzehnten unabhängig ist, scheinen seine Politiker die koloniale Politik des Teile-und-herrsche-Prinzips fortgesetzt zu haben. Dies zeigt sich in der immer noch praktizierten ethnischen Politik. So werden malaysische Chinesen in der Geschäftswelt immer noch als reich und dominant angesehen. Dieses Bild wird seit Jahrzehnten verwendet, um Ängste unter ethnischen Malaien zu schüren. Dies führte nach den Wahlen von 1969 zu blutigen Rassenunruhen. Ein Jahr später wurde mit der New Economic Policy eine rassenbasierte Politik der positiven Diskriminierung („affirmative action“) eingeführt. Seitdem werden ethnische Malaien bei der Vergabe von Arbeits- und Studienplätzen, Wohnungen, börsennotierten Unternehmensanteilen und öffentlichen Aufträgen bevorzugt.

Konstitutionelle Wahlmonarchie mit Sonderrechten für Muslime. König Abdullah Shah seit Januar 2019. Premierminister Mahathir Mohamad seit Mai 2018

Amtssprache Malaysisch

Einwohner 32 Mio. In Prozent: Malaien 50, Chinesen 23, Inder 7, Indigene 11

Religion in Prozent: Muslime 61, Buddhisten 20, Christen 9, Hindus 6

Pro-Kopf-BSP 29.100 Dollar Armutsrate 3,8 Prozent

ROG-Rangliste Pressefreiheit 2019 123 (2018: 145)

Verhältnis zu China Handel: China ist größter Handelspartner. Investitionen: China ist größter ausländischer Investor. Tourismus: Chinesen sind drittgrößte ausländische Besuchergruppe

Die Geschichte hat jedoch gezeigt, dass auf ethnischen Kriterien basierende Maßnahmen zum Beispiel zur Bekämpfung der Armut missbraucht werden und ineffektiv sind. In Malaysia hat Armut mehr mit Klasse als mit Rasse zu tun. So gibt es zum Beispiel „chinesische“ Migranten im Bausektor, die von „chinesischen“ Unternehmern ausgebeutet werden.

Die seit Mai 2018 amtierende neue Regierung hat vorgeschlagen, die Wirtschaftspolitik von einem rassebasierten auf einen bedarfsorientierten Ansatz umzustellen, um so den Wohlstand aller zu fördern. Bisher wurden im Parlament jedoch noch keine konkreten Vorschläge gemacht.