piwik no script img

heute in bremen„Man muss nicht überall mit dem SUV hin“

Wolfgang Bevern, 56, ist ehrenamtlich Schokofahrer, und hauptberuflich Ingenieur am Klimaforschungsinstitut Marum.

Interview Alina Götz

taz: Herr Bevern, Sie sind in den letzten sieben Tagen 700 Kilometer mit dem Rad gefahren, um 170 Kilo Schokolade nach Bremen zu bringen – warum?

Wolfgang Bevern: In Amsterdam kommt der Frachtensegler der holländischen Rederei „Tres Hombres“ mit Kakaobohnen aus der Dominikanischen Republik an, wo sie unter ökologischen und fairen Bedingungen angebaut wurden. In Amsterdam werden diese zu Schokolade verarbeitet. Der Hintergedanke ist: Wenn die Bohnen schon emissionsfrei in Europa ankommen, müssen wir Schokofahrer*innen die wenigstens emissionsarm in die Läden bringen.

Wer sind „wir“, woher kommen Sie und die anderen Radfahrenden?

Begonnen hat das Projekt mit einer Lastenrad-Initiative aus Münster. Aus Bremen waren wir nun das zweite Mal in den Niederlanden, dieses Mal zu viert, einer kommt aus Bremerhaven. Der Treffpunkt sind die „Chocolate Maker“ in Amsterdam, da waren jetzt bestimmt 200 Leute, die 2,5 Tonnen Schokolade abgeholt haben. Manche kommen sogar aus Passau oder Interlaken, sehr viele aus dem Ruhrgebiet. Die Fahrten finden zwei Mal im Jahr statt, Ostern und Anfang Oktober.

Ist die Tour wie eine Klassenfahrt?

Na ja, es ist schon mein Urlaub, der dafür draufgeht. Der war dieses Mal unterkühlt, aber das ist schon okay. Wir übernachten auf Campingplätzen oder in Hütten. In den typischen Schokofahrerunterkünften treffen wir auch andere Gruppen, ansonsten sind wir mit unseren Lastenrädern, die nur 25 km/h schaffen, immer in der Kleingruppe unterwegs.

Wie wirksam ist die Aktion?

Schokofahrt-Rückkehr: Die 6. Schokofahrt bringt per Lastenrad rund 24.000 Tafeln in mehr als 50 Regionen, 170 Kilo davon nach Bremen. 9.30 Uhr, Körner-Klub

Ich hoffe natürlich, dass wir etwas bewegen. Auf der Tour sprechen wir mit vielen Leuten und am Samstag bringe ich die Schokolade zum Ökomarkt im Viertel, da werde ich bestimmt auch ins Gespräch kommen. Darüber etwa, dass man nicht überall mit dem SUV hinfahren muss, nur um eine Kiste Sprudel zu holen. Wir sollten überdenken, was wir eigentlich alles konsumieren, wo das herkommt und wie viele Containerschiffe dafür fahren müssen. Natürlich fährt nicht jeder nach Amsterdam für ein bisschen Schokolade, die Fahrt ist eher ein Symbol.

Wo kann ich in Bremen die Schokolade jetzt kaufen?

Elf Besteller hatten wir dieses Mal, darunter der Körner-Klub, Flotte Karotte, Füllkorn, Selfair oder Slokoffie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen