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99 Tote und keine Lösung

Iraks Regierung will die jüngsten Proteste beenden, ohne selbst zurückzutreten

Angesichts der gewaltsamen Proteste mit rund 100 Toten versucht Iraks Regierung, die Situation mit einem sozialen Maßnahmenpaket zu beruhigen. Unter anderem sollen 100.000 neue Wohnungen gebaut werden, sagte Regierungschef Adel Abdel Mahdi nach einer Sitzung des Kabinetts am späten Samstagabend. Rund 150.000 arbeitslose Iraker sollen in Weiterbildungsprogrammen gefördert werden. Außerdem sollen die Opfer der vergangenen Tage als „Märtyrer“ angesehen werden, was den Angehörigen Unterstützung zukommen lasse.

Seit Dienstag gehen in zahlreichen Städten und Provinzen Iraks Tausende Menschen auf die Straßen, um gegen Korruption und Misswirtschaft zu demonstrieren. Dabei wurden nach Angaben der irakischen Menschenrechtskommission 99 Menschen getötet und fast 4.000 verletzt. Die meisten Todesfälle wurden aus Bagdad gemeldet, aber auch im Süden des Landes kam es zu Gewalt. Am Samstag legten Demonstranten in der Stadt Nassirija im Süden des Landes Feuer an den Zentralen von sechs Parteien. In der ebenfalls im Süden gelegenen Stadt Diwanija waren Schüsse zu hören.

Nach Angaben von Ärzten wurde die Mehrheit der Opfer durch Schüsse getötet. Unter den Toten befanden sich sechs Polizisten. Die Behörden beschuldigten nicht identifizierte Scharfschützen, in die Menge geschossen zu haben.

Eine für Samstagnachmittag einberufene Parlamentssitzung wurde verschoben, nachdem die größte Fraktion zu ihrem Boykott aufgerufen hatte. Dies ging auf einen Aufruf des einflussreichen Schiitenführers Moktada al-Sadr zurück, die Regierung von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi müsse zurücktreten, „um weiteres Blutvergießen zu vermeiden“. Es müsse vorgezogene Neuwahlen unter UN-Aufsicht geben.

Sadrs Fraktion ist mit 54 Abgeordneten die stärkste im Parlament von Bagdad. Sein Appell zum Rücktritt der Regierung dürfte den Demonstranten Auftrieb geben und die Debatten im Parlament anheizen. Parlamentspräsident Mohammed al-Halbusi kündigte an, er werde seine übliche Kleidung ablegen und sich „als Erster unter die Demonstranten einreihen“.

Am Samstagabend berich­teten der irakische Sender NRT und der von Saudi-Arabien ­finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija, dass ihre Studios in Bagdad gestürmt worden seien. Beide Sender hatten ausführlich über die Proteste berichtet.

(dpa, afp)

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