: Geschacher um die Grundrente geht weiter
Koalitionsarbeitsgruppe kann sich weiterhin nicht einigen, ob und wie eine Bedürftigkeitsprüfung bei BezieherInnen kleiner Renten erfolgen soll
Von Barbara Dribbusch
Es ist eine heikle Gerechtigkeitsfrage: Sollen EmpfängerInnen kleiner Renten, die künftig möglicherweise eine Aufstockung aus der Rentenkasse bekommen, daraufhin überprüft werden, ob sie noch Vermögen haben oder einen wohlhabenden Ehepartner? Eine rasche Einigung über diesen Streit zwischen Union und SPD ist nicht in Sicht. Eine Arbeitsgruppe am Freitag tagte ohne konkretes Ergebnis. „Eine schnelle Lösung erwarte ich gerade nicht“, sagte der an der Arbeitsgruppe beteiligte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nach dem Treffen.
Das Konzept der „Grundrente“ von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass Menschen, die mindestens 35 Jahre lang sozialversicherungspflichtig zum niedrigen Lohn gearbeitet haben, inklusive Kindererziehungszeiten, bei Rentenbeginn einen Zuschuss zu ihrer Rente bekommen. Heil bezieht sich dabei auf den Koalitionsvertrag, der KleinrentnerInnen einen Aufschlag bis zu einer Höhe von 10 Prozent über der Grundsicherung (diese entspricht Hartz IV) zugestehen will.
Im Koalitionsvertrag gilt aber als Voraussetzung, dass bei den KleinrentnerInnen eine „Bedürftigkeitsprüfung“ wie bei Hartz-IV-Empfängern vorgenommen werden soll. Heil möchte diese Prüfung nicht. Er sprach am Freitag im ARD-„Mittagsmagazin“ von „unnötiger Bürokratie, die die Menschen traktiert“. Dobrindt wiederum verwies auf den Koalitionsvertrag. Bei der darin vereinbarten Bedürftigkeitsprüfung müssen die Einkommensverhältnisse des gesamten Haushaltes und die Vermögensverhältnisse offengelegt werden. Nur wer unter bestimmten engen Grenzen liegt, würde dann von dem Rentenaufschlag profitieren.
Vor dem Treffen am Freitag war ein Einigungsvorschlag im Gespräch gewesen, nach dem die GrundrentnerInnen in spe bei einer Prüfung nur das gesamte Haushaltseinkommen, aber nicht ihre Vermögensverhältnisse hätten offenlegen sollen. Bei höheren Haushaltseinkommen würde der Anspruch auf die Grundrente entfallen, bei höheren Vermögen aber nicht.
Nach diesem Einigungsvorschlag würden 2 Millionen Menschen von dem Rentenaufschlag profitieren. In Heils ursprünglichem Konzept profitierten etwa 3 Millionen Menschen von der Grundrente, bei Kosten von anfangs 3,8 Milliarden Euro im Jahr.
Spitzenpolitiker der Union aus den ostdeutschen Bundesländern, darunter Thüringens CDU-Chef Mike Mohring, forderten unterdessen, dass bei der Berechnung der Beitragszeiten für die Grundrente auch Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Selbstständigkeit bis 2006 angerechnet werden, da viele Menschen in Ostdeutschland unter der strukturbedingten hohen Arbeitslosigkeit gelitten haben.
Das nächste Treffen ist für den 11. Oktober angesetzt. Ein Gesetzentwurf muss bald kommen, denn die Grundrente soll laut Heil im Jahr 2021 in Kraft treten. (mit dpa)
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