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„Wir werden an den Rand gedrängt!“

Ecuador ist größter Bananenexporteur der Welt, aber kaum aus fairer Produktion. Das macht den Kleinbauern in Machala Sorgen

Von Knut Henkel

Benito Ordoñez schultert das Bananenbüschel, das ein Kollege gerade von der Staude getrennt hat. Auf einem mit Luft gefüllten Kissen, das verhindert soll, dass die grünen Früchte Druckstellen bekommen, schleppt der 42-jährige Bananenbauer die Last zur Verpackungsstation auf seiner kleinen Plantage. Sieben Hektar hat die Finca von Benito Ordoñez, und anders als auf den großen Plantagen stehen die Bananenstauden im Schatten von Tropen-, Obst- und Kakaobäumen. „Die Bauern meiner Kooperative und natürlich auch ich bauen alles rein biologisch an. Unser gemischtes Anbaukonzept sorgt dafür, dass Schädlinge kein leichtes Spiel haben. Wir setzen darauf, die Pflanzen zu stärken und es den Schädlingen so schwer wie möglich machen“, erklärt er.

Der funktioniert bei den 18 Bauern, die zur Kooperative Nuevo Mundo (Neue Welt) gehören. Die liegt in El Oro, der südlichsten der drei Bananenprovinzen Ecuadors, nahe der Stadt Machala. Nur eine halbe Fahrstunde ist die ehemalige Bananenhauptstadt Ecuadors, die mittlerweile im Schatten des weiter nördlich liegenden Guayaquil liegt, von Ordoñez’ Farm entfernt. „El Oro ist die Bananenprovinz mit dem höchsten Anteil an Kleinbauern, während weiter nördlich in El Río und Gua­yas – den beiden anderen Bananenprovinzen – die großen Plantagen dominieren.“

Dort wird unter lausigen Bedingungen geschuftet. 15 bis 17 US-Dollar erhalten die Arbeiter auf den Plantagen für einen oft 12 Stunden, manchmal auch 14 Stunden währenden Arbeitstag, so die Branchengewerkschaft Astac. Die sucht die Nähe zu den Kleinproduzenten, um gemeinsam Front zu machen gegen lausige Arbeitsbedingungen und die zunehmende Konzentration auf dem Bananensektor des Landes. Das macht Benito Ordoñez, der bis zum Juni Geschäftsführer von Urocal, einer Dachorganisation von Kleinbauernkooperativen, war, zunehmend Sorgen. „Unternehmen wie Palmar oder Noboa wachsen ständig, kaufen die Fincas von Kleinproduzenten auf, die unter Druck geraten“, meint der kräftige Mann mit dem dünnen Schnauzer.

Ordoñez ist in der Region von Machala, im gleichnamigen Verwaltungsbezirk, aufgewachsen, hat die Abendschule absolviert, Jura studiert und einen Titel als Rechtsanwalt. Das und die vorbildlichen Strukturen auf seiner Plantage haben dafür gesorgt, dass er zum Geschäftsführer des Kleinproduzentenverbandes gewählt wurde. Doch der Markt ist schwierig, hat sich in den letzten Jahren zum Nachteil der Kleinproduzenten entwickelt. „Wir sind privilegiert, denn wir haben feste Abnahmeverträge mit Banafair und erhalten den Fairtrade-Preis von 8,20 US-Dollar pro Kiste plus die Prämie in Höhe von 1 US-Dollar für soziale Projekte. Bauern, die das nicht haben, stehen mit dem Rücken zur Wand“, meint Ordoñnez.

Banafair heißt der Fair­trade-Importeur aus Gelnhausen, der die Weltläden mit den krummen Früchten aus fairem und nachhaltigem Anbau beliefert. Drei, vier Container Bananen nimmt der Bananenverein pro Woche ab und ist damit ein kleiner Player auf dem deutschen Bananenmarkt. Das Gros der gelben Südfrüchte aus Ecuador, größter Bananenexporteur der Welt, wird zu deutlich geringeren Preisen nach Europa, den USA und dem Rest der Welt exportiert. Offiziell gibt es einen staatlichen Mindestpreis von 6,30 US-Dollar für die Kiste konventioneller Bananen, der die Bauern vor Dumping schützen soll. Doch in der Realität wird er oft unterlaufen.

4, 5 US-Dollar bieten die Zwischenhändler oft nur für die Kiste mit 18,2 Kilogramm Bananen. Den Bauern bleibt kaum etwas anderes übrig, als zu verkaufen, denn die Südfrüchte ver­derben nun einmal schnell. Hinzu kommen ständig steigenden Preise für Verpackungsmaterial, Zertifizierungskosten und Exportgebühren. Ein Pappkarton kostet für Kleinproduzenten schon mal ein bis eineinhalb US-Dollar, so Jhony Janzaguano.

„Je kleiner die Stückzahl, desto höher der Preis, lautet die Faustregel“, so der Bananenproduzent, der zu den Kollegen von Ordoñez bei Urocal zählt. „Heute bleibt deutlich weniger der Umsätze bei uns als noch Ende der 1990er Jahre“, so der 55-Jährige. Genauso wie Ordoñez erntet er einmal pro Woche und wirbt dann Arbeiter an. Denen zahlt er genauso wie die anderen Urocal-Kleinbauern 25 US-Dollar für den Arbeitstag von fünf bis sieben Stunden – deutlich mehr als die großen Plantagen, die für rund siebzig Prozent der Bananenproduktion Ecuadors verantwortlich zeichnen.

Ein eigenes Label für Kleinproduzenten gegen den Druck der Großen?

Der faire Umgang mit den Erntearbeitern ist auch ein Grund, weshalb die Gewerkschaft Astac die Kooperation mit den Kleinbauernorganisationen sucht. „Wir brauchen ein Gegengewicht zu den großen Plantagen, die in den Händen von wenigen Konzernen wie Chiquita, Noboa oder Palmar sind. Die verkaufen zu Dumpingpreise an große Supermarktketten, die sich um die Arbeitsbedingungen nicht scheren“, meint Jorge Acosta, Astac-Koordinator. Zu den großen Supermarktketten gehören auch Aldi, Lidl, Rewe und Edeka, die den deutschen Markt dominieren. Aus Ecuador kommen große Mengen der gelben Früchte, die in Deutschland derzeit sogar oft für weniger als einen Euro pro Kilogramm angeboten werden.

Preise, die dafür sorgen, dass die Plantagenarbeiterinnen und Plantagenarbeiter, rund 200.000 gibt es in Ecuador, am Existenzminimum leben müssen, kritisiert Jorge Acosta. Das ist auch Benito Ordoñez bewusst. Er macht die wachsende Macht der Plantagenlobby auf der einen Seite und die Dumpingstrategie der großen Importeure, vor allem Supermärkte, dafür verantwortlich. „Wir Kleinproduzenten sitzen dazwischen und müssen aufpassen, dass wir nicht wie zwischen den beiden Mühlsteinen zerrieben werden“, warnt er.

Grund dafür ist, dass gesicherte Absatzmärkte wie jene von Banafair klein sind. Gerade 10 Prozent der in Deutschland gehandelten Bananen tragen das Fairtrade-Logo – noch weniger sind zusätzlich bio­zertifiziert. Hinzu kommt, so Ordoñez, dass sich die ersten großen ­Plantagen Bio und Fairtrade zertifizieren lassen wollen. Dadurch würde der Druck auf die Kleinproduzenten in Ecuador weiter steigen, fürchtet er und denkt laut über ein eigenes Label für Kleinproduzenten nach, die wie er bio und fair produzieren.

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