China führt Digitalwährung ein

Das Geld stellt keine Konkurrenz zu Bitcoin dar, sondern dient vielmehr als Überwachungsinstrument

Von Finn Mayer-Kuckuk

Die chinesische Regierung lehnt Kryptogeld wie Bitcoin ab – führt zugleich aber eine eigene Digitalwährung ein. Aus offizieller Sicht gibt es hier keinen Widerspruch: Die neue Währung ist von der Zentralbank programmiert und kontrolliert. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, wir sind startbereit“, sagte Mu Changchun, ein hochrangiger Beamter der Notenbank, auf einer Konferenz in Schanghai.

Es handelt sich offenbar nicht um Konkurrenz für existierende Kryptowährungen wie Bitcoin, weil Chinas staatliche Banken den Daumen auf dem virtuellen Yuan halten werden, der im Wesentlichen eine digitalisierte Version des herkömmlichen Geldes sein soll. Ein „Upgrade der umlaufenden Geldmenge“ sieht die Kryptobörse Binance in dem Projekt.

Die Idee hinter Kryptowährungen war einst, die Macht des Staates zu untergraben. Bitcoin ist unabhängig von Zentralbanken, Großunternehmen und dem Apparat rund um das Normalgeld. Der chinesische Staat empfindet solche Digitalwährungen als Bedrohung für die Stabilität, wie der dortige Zentralbankchef mehrfach betont hat. Die China-Coins sind deshalb weder unabhängig noch dezentral, im Gegenteil: Sie sind ein neues Überwachungsinstrument.

Das neue Projekt macht deshalb zwar bestimmte Vorteile von Digitalwährungen nutzbar, aber die Zentralbank behält immer Zugriff auf die entscheidenden Stellschrauben. Es handelt sich dabei eher um eine Antwort auf Libra, eine Schöpfung des Face­book-Konzerns, die das Bezahlen im Netz erleichtern soll.

Hinter der Einführung von Libra stecken andere Motive als hinter Bitcoin. Hier geht es vor allem um die Profitinteressen von Großkonzernen. Für China ein besonderes Alarmzeichen: Der Yuan wird in den bisher veröffentlichten Facebook-Plänen kein Teil des Libra-Systems sein, weil er nicht international handelbar ist.

Die Ausgabe der chinesischen Zentralbank-Digitalwährung soll wie die des normalen Geldes über die Geschäftsbanken erfolgen, sagt der Notenbankbeamte Mu. Die neue Währung sei jederzeit gegen den Yuan eintauschbar. Zum Teil beruhe sie auf Blockchain-Technik, zum Teil auf herkömmlichen Verrechnungsverfahren. In einem Feldversuch habe sich gezeigt, dass die Blockchain nicht schnell genug sei, um die Transaktionen vieler Nutzer gleichzeitig korrekt abzubilden.

Der digitale Yuan ließe sich damit gut für mobiles Bezahlen, unkomplizierte Kreditvergabe oder den Bau automatisierter Finanzprodukte verwenden. Doch alle Beschränkungen des alten Yuan bleiben erhalten: Überweisungen über die Landesgrenze hinaus bleiben genehmigungspflichtig, der Staat kann selbst im Inland jeden Geldfluss nachvollziehen. Ein wichtiges Ziel laut Zentralbank ist es auch, den Kampf gegen „Geldwäsche und Terrorismus“ zu stärken. Christoph Bergmann, Autor des maßgeblichen deutschsprachigen Buches zu Bitcoin, ist enttäuscht: „Der vielleicht wichtigste technologische Durchbruch des Jahrhunderts wird zu einer technischen Effizienzsteigerung degradiert.“