Amateurfußball, ein Rattenrennen

Ein Fußballsalon mit TeBe und Babelsberg über die Mühen in den unteren Ligen

In der vierten Liga liegen die Etats aktuell bei bis zu 5 Millionen Euro

Von Alina Schwermer

Die Schere zwischen ambitioniertem Amateurfußball und Profis wird wunderbar sichtbar, wenn man das Publikum betrachtet, das sich vom Plauderformat „Fußballsalon“ des Magazins 11 Freunde unterhalten lässt. Sind hier Profi­vereine zu Gast, stehen die Leute Schlange, am Dienstagabend hingegen war das Deutsche Theater recht luftig besetzt, nicht ausverkauft trotz Auftaktveranstaltung nach der Sommerpause. „Kampf ums Glück“ hieß die Veranstaltung, bei der Katharina Dahme, Aufsichtsratsvorsitzende beim Viertligisten SV Babelsberg, und Steffen Friede, Vorstandsmitglied beim Fünftligisten Tennis Borussia Berlin, darüber berichten durften, wie es denn so ist in dieser Fußballübergangswelt zwischen dicker Kohle und enttäuschten Träumen. Zwei Vereine mit (fan)politischer Strahlkraft, aber fußballerisch eher trocken Brot. Und gefangen in Ligen, für die sie einerseits zu groß, andererseits kaum groß genug sind.

„Rattenrennen“, dieser Begriff bezeichnet im Fußball die Spirale, bei der alle Vereine mehr und mehr Geld investieren, obwohl es dadurch nicht mehr Titel zu gewinnen gibt. In der vierten Liga, berichtete Dahme, liegen die Etats aktuell bei bis zu 5Millionen Euro. Gleichzeitig sind die Chancen auf Aufstieg marginal: In der Regionalliga Nordost, wo Babelsberg derzeit auf Platz 16 kraucht, hat nur der Tabellenerste in einer Aufstiegsrunde die Chance, dem „Moloch“, wie es Dahme nennt, zu entkommen.

Grundsätzliche Systemkritik lag da nahe, um die ging es aber leider weniger. Man hätte die beiden dezidiert linken Klubs ja durchaus mal fragen können, warum sie selbst den Irrsinn eigentlich weiter mit ankurbeln. Ob sie sich Gedanken machen über Alternativen, und warum es keine Lobby gibt gegen ein Wettrüsten, unter dem alle leiden, oft am Rande der Insolvenz agierend.

Moderator Christoph Biermann fragte all das nicht. Allzu kritisches Nachhaken mussten sich die recht sympathischen VertreterInnen sowieso nicht anhören; wie so oft auf Podien hatten es die Amateurklubs leicht. Immerhin gab es angenehm ehrliche Einblicke in den Vereinsalltag. „Unser neuer Trainer hatte schon fest unterschrieben, da mussten wir ihm sagen: Ach so, das Mannschaftsbudget sind doch 50.000 Euro weniger“, erzählte Dahme. Man gehe oft mit einer Lücke in die Saison und hoffe dann, noch Sponsoren aufzutreiben. Sowohl Dahme als auch Friede leisten alles ehrenamtlich.

In der zweiten Hälfte verhedderte sich die Veranstaltung dann eher in einer langatmigen Wiederholung der Causa Jens Redlich bei Tennis Borussia Berlin. Die mutmaßlichen Betrügereien des skrupellosen Investors sind längst bundesweit bekannt. Mittlerweile haben kritische Fans Redlich mit einem juristischen Kniff aus dem Verein geputscht. Der will seine Position als Vorstandsvorsitzender aber nicht aufgeben und hat eine einstweilige Verfügung eingereicht. Am 11. September wird vor dem Amtsgericht Charlottenburg verhandelt, man sehe das „entspannt“, betont Friede gegenüber der taz. „Wir haben juristisch alles abgeklopft.“

Katharina Dahme saß in dieser zweiten Hälfte eher nur dabei, und durfte am Ende die üblichen Fragen beantworten, wie es denn nun so ist als Frau im Männerfußball. Eine Frauenquote hält sie für hilfreich. „Man muss die Vereine und Verbände zwingen, sich weibliche Vorbilder zu suchen.“

Hilfreich wäre aber wohl auch, wenn Moderatoren kompetente Frauen nicht bei jeder Fußballveranstaltung nach ihrem Exotenstatus befragen würden. Unerwähnt blieben auch die Frauen- und Mädchenabteilungen beider Vereine und die durchaus interessante Frage, wie viel auch progressive Klubs auf dem Terrain zu investieren bereit sind. Die Babelsbergerinnen sind immerhin Tabellenführerinnen in der Landesliga. Bei TeBe wurden die Reste der Mädchenabteilung unter Redlich eingestampft, sie soll aber wiederkommen. „Wir haben immer gesagt: wenn wir den Verein zurückbekommen, wollen wir das zarte Pflänzchen wiederbeleben“, sagt Steffen Friede.