die dritte meinung: Das Mercosur-Abkommen wird Lateinamerika rekolonisieren, warnt Moritz Krawinkel
Moritz Krawinkel
arbeitet in der Onlineredaktion von medico international.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten ist fertig verhandelt und soll eigentlich nur noch ratifiziert werden. Lange spielten die jahrzehntelangen Verhandlungen über das größte Freihandelsabkommen der Welt keine Rolle in der Öffentlichkeit. Jetzt haben die Brände im Amazonas dem lange geheimen Abkommen ungewollte Aufmerksamkeit verschafft. Aber das reicht nicht. Das Mercosur-Abkommen schreibt eine Wirtschaftspolitik fest, die eine wesentliche Mitschuld an den Bränden trägt. Es muss gestoppt werden.
Der Amazonas brennt, weil Brasilien und weite Teile Lateinamerikas auf den Export von Primärgütern wie Fleisch und Soja festgelegt sind. Für landwirtschaftliche Produkte ist Brasilien der weltweit größte Exporteur in die EU. Viele Brände im Amazonas-Regenwald werden gelegt, um neue Anbauflächen zu erschließen. Aber Strafen für solche Umweltverbrechen sind im Mercosur-Abkommen nicht vorgesehen. Stattdessen wird die ungleiche Beziehung zwischen der europäischen Wirtschaftsmacht und den alten Kolonien in Lateinamerika zementiert: Die Zölle auf europäische Industrieerzeugnisse, vor allem solche, die schon jetzt einen Großteil der Ausfuhren in den südamerikanischen Block darstellen, sollen entfallen. In fünf bis zehn Jahren sollen die Handelsschranken zum Schutz der heimischen Produktion im Mercosur abgebaut sein. Daneben geht es um die Liberalisierung des Dienstleistungssektors, das Verbot von Arzneimittelgenerika und den von TTIP bekannten Vorrang der Investorenrechte vor Umwelt- und Sozialgesetzen.
Der brasilianische Journalist Antonio Martins hat von einer Rekolonisierung Lateinamerikas durch das Mercosur-Abkommen gesprochen. Harsche Worte, aber gerechtfertigt. Denn am Ende ist die Rede vom Abbau der Grenzen und vom freien Fluss der Waren, von dem alle profitieren würden, doch nur Ideologie. Dagegen braucht es ein Bündnis der Verlierer*innen, die wie bei TTIP auf beiden Seiten des Atlantiks Widerstand leisten und nach Alternativen suchen.
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