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Archiv-Artikel

Mensch als Monster

Deutschland (15) – die wöchentliche Kolumne aus der Republik von Henning Kober. Heute: Kampf. Sex. Geld.

„Fuck the poor“, brüllt es in mein Ohr, geshuffelt, vom britischen Künstler Selfish Cunt. Über Bangkok brettert gerade ein Regensturm, und das sieht so aus wie in einem Schweizer Bergdorf im Dezember, ganz angenehm also. Doch keine Zeit für weitere Naturbetrachtungen, verabredet mit Alexis, meinem sehr guten Freund, der mir seit dieser Woche Gesellschaft leistet.

Im großen Regen unten auf der Straße, schon angenässt, dann Glück. Es hält ein Taxi mit dem „I love Farang“-Aufkleber. (Farang ist das Thai-Wort für alle Westler). Der Fahrer sagt: „Hello Mister, where are you going today?“ Er hat Locken und seinen Wagen mit Schwarzlicht, leuchtenden Sternen, wippenden Plastikfiguren und verschiedenen Soundeffekten aufgerüstet. Gibt er Gas, klingt das wie der Soundtrack zum Fünften Element. Macht sehr gute Laune, auch weil der Typ gekonnt Lücken dicht fährt.

Doch dann geht es los. Mit der im Fernen so typischen Reduzierung der Welt aufs Wesentliche. Nach hinten gereicht wird eine abgegriffene Karte mit leicht bekleideten Mädchen. „You like fuck?“ Es beginnt eine anstrengende Verkaufsshow. Immer neue Karten, jetzt auch Jungen, Großmütter, Hunde sowie die langweilige Verkehrsministerdroge Viagra sind im Angebot. Der Mann kennt seine Kundschaft und versteht meine Ignoranz nicht. Erhöhe die Lautstärke, Selfish Cunt schreit: „Coming of the White Man.“ Und ich schäme mich für die weißen Männer, die das Land des Lächelns mit ihrem Samen vergiften.

Vor dem Lumphini Boxing Stadium, bröselige Betonfassade, schäbige Gegend, steht schon Alexis, strahlend, in weißem Poloshirt, wie immer Kette rauchend. Drinnen, wir auf Holzränge im Schummerlicht um den grell beleuchteten Ring herum. Von der niedrigen Wellblechdecke hängen Ventilatoren, Wasser tropft. Zwischen Thai-Männern, Frauen sind kaum geduldet. Viele haben einen lang gepflegten Fingernagel mit dem sie sich Ampethamin unter die Nase halten, Nackentätowierungen.

Im Ring prügeln zwei extrem minderjährig aussehende Jungen aufeinander ein. Knie hoch, Ellenbogen. Pinkes Höschen gegen Blau. Blau knockt Pink aus. Blut spritzt. Schreie. Musik die nach Dudelsack klingt. Geldscheine wechseln ihren Besitzer. Ich denke, Menschen sind Monster, und habe das sehr starke Bedürfnis, eine Maske zu tragen.

Gehen schnell zurück in den Bosstower, trinken Whiskey, viel. Schreibe einen Text. Alexis baut ein Haus. Und gesunder Morgen.