: Brände am Amazonas, Brandreden auf Twitter
Während Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und seine Leute in sozialen Medien die französische Regierung beschimpfen, weiten sich die Waldbrände im Amazonasgebiet aus
Bei ihrem Treffen im Biarritz haben die Vertreter der G7-Staaten insgesamt rund 20 Millionen Euro an Hilfe für die Bekämpfung der Waldbrände im brasilianischen Amazonasgebiet zugesagt. Damit sollten vor allem Löschflugzeuge finanziert werden, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag. Zudem einigten sich die Länder auf einen Wiederaufforstungsplan. Mehr als die Hälfte der Mittel kommt von Großbritannien – das Land hatte zuvor eine Finanzspritze von umgerechnet elf Millionen Euro angekündigt.
Ob Brasiliens rechter Präsident Jair Bolsonaro die Hilfe annimmt, ist noch offen. Nach dem Streit um die Thematisierung der Waldbrände beim G7-Gipfel trat die brasilianische Regierung mit üblen Kommentaren gegen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und dessen Frau Brigitte nach.
Bolsonaro machte sich am Sonntag einen Facebook-Beitrag zu eigen, in dem ein Nutzer über das Äußere von Frankreichs „Première dame“ herzog und die Differenzen zwischen Macron und Bolsonaro mit dem „Neid“ des französischen Präsidenten auf die junge Frau Bolsonaros erklärte.
Der Nutzer Rodrigo Andreaca hatte in einem Beitrag bei dem Onlinedienst eine unvorteilhafte Aufnahme der 66-jährigen Brigitte Macron neben ein Bild der strahlenden 37-jährigen Gattin Bolsonaros gestellt. Dazu schrieb er: „Versteht ihr jetzt, warum Macron Bolsonaro bedrängt?“ Er wette, dass Macron neidisch auf Bolsonaro sei. Brasiliens Präsident setzte einen belustigten Kommentar unter den Post. „Demütige den Typen nicht“, schrieb er.
Im Kurzbotschaftendienst Twitter machte sich überdies Brasiliens Bildungsminister Abraham Weintraub über Macron her. Dieser sei bei den Waldbränden nicht „auf der Höhe“. „Er ist nur ein opportunistischer Schweinehund, der die Unterstützung der französischen Agrarlobby sucht.“ Macron hatte wegen der Umweltpolitik Bolsonaros eine Blockade des Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur angekündigt.
Bereits am Freitag hatte der Sohn des brasilianischen Staatschefs, Eduardo Bolsonaro, bei Twitter ein Video der Gelbwesten-Proteste in Frankreich mit dem Kommentar geteilt: „Macron ist ein Idiot.“ Macron seinerseits konterte laut Folha de São Paulo am Montag vor der Presse: „Ich hoffe, die Brasilianer bekommen bald einen Präsidenten, der seinem Amt gewachsen ist.“ Es sei traurig, dass brasilianische Minister ausländische Führungspolitiker beleidigten.
Unterdessen haben sich die Brände in den vergangenen Tagen weiter ausgebreitet. Die brasilianische Regierung hat insgesamt 44.000 Soldaten im Einsatz In sieben Bundesstaaten versuchen nach Angaben des brasilianischen Verteidigungsministers Militärflugzeuge durch das Ausschütten von Löschwasser gegen die Brände vorzugehen. Die eingesetzten Maschinen vom Typ C-130 Hercules können je 12.000 Liter Wasser transportieren.
Hochauflösende Satellitenbilder zeigen, dass viele Feuer an den Rändern von Schutzgebieten der Ureinwohner ausgebrochen sind und sich jetzt immer weiter ins Innere ausweiten. In den sozialen Medien machten Videos die Runde, in denen Indigene auf Feuerbrünste zeigen, die ihr Territorium vernichten. Zusammen mit der Umweltschutzbehörde Ibama versuchten sie, sich über neue Brandherde auszutauschen, sagte der Kazike Antonio Tenharin laut Estado de São Paulo. „Doch wir werden von der Regierung alleingelassen“, erklärte Tenharin. Seiner Aussage zufolge sind rund 3.000 Menschen vom Volk der Tenharin bedroht, die im Süden des Amazonasbeckens leben.
Unterdessen ermittelt die Polizei gegen die Organisatoren des sogenannten Tag des Feuers. „Die Bundespolizei wird den Fall mit ihrer Expertise aufklären“, schrieb Justizminister Sérgio Moro am Sonntag auf Twitter. „Kriminelle Brandstiftung im Amazonasgebiet wird hart bestraft.“
Zuvor hatte die Zeitschrift Globo Rural berichtet, dass sich im Bundesstaat Pará zuletzt über 70 Personen in einer WhatsApp-Gruppe dazu verabredet hatten, große Flächen entlang der Landstraße BR-163 in Brand zu stecken. Ziel der koordinierten Aktion sei gewesen, Präsident Bolsonaro bei seinem Plan zu unterstützen, die Umweltkontrollen zu lockern, hieß es in dem Bericht. (afp, epd, dpa)
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