: Mister 100 Prozent
Robert Lewandowski überstrahlt mit seiner Treffsicherheitauf Schalke alle Teamkollegen beim FC Bayern – auch den debütierenden Coutinho. Schalke hadert mit dem Schiedsrichter
Aus GelsenkirchenAndreas Morbach
Niko Kovac ist ein höflicher Mensch, deshalb widmete er vor seiner Abreise aus Gelsenkirchen den Gastgebern noch ein paar warme Worte. „Hier herrschte eine große Euphorie auf den Rängen – vor dem Spiel und auch nachher noch“, befand der Trainer der siegreichen Bayern, ehe er aus dem frisch Erlebten ein wenig stolz schlussfolgerte: „Hier muss man erst mal gewinnen.“ Mit dem 3:0 auf Schalke schoss sich seine Mannschaft nach dem misslichen Remis zum Auftakt gegen Hertha BSC leicht verzögert in die Saison hinein. Und bei all den Neuigkeiten, mit denen der Rekordmeister beim Besuch im Revier aufwartete, gab es eine unerschütterliche Konstante: RobertLewandowski.
Die polnische Torfabrik, vom FCB vor fünf Jahren ablösefrei aus Dortmund in den Süden gelockt, versaute den Königsblauen den Samstagabend im Alleingang. Da konnte 80-Millionen-Euro-Mann Lucas Hernandez in der Dreier-Abwehrkette der Münchner sein Startelf-Debüt geben oder die gleichzeitig eingewechselten Ivan Perisic, von Inter Mailand entliehener Lewandowski-Freund, und Barcelona-Leihgabe Philippe Coutinho, der neue Superstar der Bundesliga, ihre 35-minütigen Premieren im Bayern-Trikot begehen: Überstrahlt wurden sie von dem Mann, der nicht nur alle drei Treffer erzielte – sondern diese auch noch fein säuberlich in steigender Qualität.
Das 1:0 Mitte der ersten Halbzeit war ein typischer Lewandowski-Elfmeter, mit Verzögerung kühl ins linke untere Eck geschossen. Die zweite Jubeleinlage verschaffte sich der 31-Jährige gleich nach Wiederbeginn, mit einem fest und satt in den Winkel platzierten Freistoß aus 22 Metern. Ehe er die One-Man-Show eine Viertelstunde vor Schluss krönte, indem er einen Flachpass von Kingsley Coman mit einer Weltklassebewegung verarbeitete, sich wie ein besonders kräftiger Aal um den eingewechselten S04-Verteidiger Salif Sané herumschlängelte und schnörkellos abschloss.
Mit der Güte seiner drei Tore verkörperte der gebürtige Warschauer das exakte Gegenteil zu den engagierten, aber oft etwas fahrigen Schalkern, die nach der Pause allerdings durchaus zwei Handelfmeter hätten zugesprochen bekommen können. Das machte die Hausherren grantig und unzufrieden. Ähnlich unzufrieden wie Robert Lewandowski vor einem Jahr, als es ihn heftig fortzog aus München. Die Bayern ließen ihn nicht gehen – und in der zurückliegenden Sommerpause forderte der Angreifer nun vehement hochkarätige Verstärkungen, um international mithalten zu können.
Die jüngsten Personal-Coups des Rekordmeisters haben Lewandowskis Laune entscheidend aufgehellt. „Das sieht wirklich sehr gut aus. Wir konnten heute in der zweiten Halbzeit zwei Wechsel machen. Dadurch kam frisches Blut hinein, das hat mich sehr gefreut“, sagte er nach dem Erfolg in Gelsenkirchen. Wobei sein nicht zu stillender Ehrgeiz die Gedanken da schon wieder weiter in die Zukunft trieb: „Im Herbst haben wir alle drei Tage ein Spiel, dann brauchen wir dieses frische Blut. Unser Kader ist optimal. Wir können in Ruhe trainieren und uns auf das nächste Spiel konzentrieren.“
Philippe Coutinho
Wohl schon sehr zeitnah werden die Bayern und ihr Fließbandarbeiter in Sachen Toreschießen die laufenden Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung abschließen. „Zu 95 Prozent ist alles klar“, verkündete Lewandowski, mit fünf Saisontreffern – bei fünf Münchner Toren insgesamt – schon jetzt Mister 100 Prozent der Bajuwaren.
„Die Frage nach seinem Wert für uns ist berechtigt. Wann soll man sie stellen, wenn nicht heute“, kommentierte Trainer Kovac nach dem ersten Saisonsieg dementsprechend und fügte hinzu: „Für das Toreschießen ist Robert da. In seiner Effizienz und Kaltschnäuzigkeit ist er einzigartig. Er ist der beste Stürmer in der Bundesliga, das beweist er schon seit vielen, vielen Jahren.“
Nicht viele Jahre, sondern erst ganz kurz in Deutschland ist der Brasilianer Coutinho. Doch eines hat der neue Bayern-Stolz bereits erkannt: „Robert Lewandowski ist eine Legende. Ich bin erst drei, vier Tage hier – aber seine Qualität habe ich im Training schon gesehen.“
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