: Der Projekthof „Wukania“
Die Landkommune im Norden Berlins mischt sich in die politischen Debatten der Region ein. Ihren Hof hat sie dauerhaft vor Privatisierung geschützt
■ Der Projekthof Wukania liegt in Biesenthal nördlich von Berlin.
■ Termine: Auf der Homepage des Projekthofes finden sich Termine zum Mitbauen und Kennenlernen. Als Nächstes steht eine Abwasserbaustelle an, vom 10. bis zum 30. September, für die noch viele helfende Hände und auch noch „viele Moneten“ gebraucht werden.
Im Netz: www.wukania.net/
Verwunschene Orte gibt es nördlich von Berlin reichlich. Man denke nur an die Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“ am Werbellinsee, einst ein Vorzeigeprojekt des SED-Regimes, oder an den alten Militärflughafen in Lärz, an dem einmal im Jahr das Fusion-Festival stattfindet. Ein weiterer dieser besonderen Orte ist die ehemalige zentrale Trainingsstätte der Dynamovereine, der Sportvereine der bewaffneten Organe der DDR, in Biesenthal, zwischen Bernau und Eberswalde. Das drei Hektar große Gelände liegt am Großen Wukensee direkt am Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken und besteht aus einem Konglomerat verschiedenster Bauten im 50er-Jahre-Stil. Es gibt ein Internatsgebäude, einen Mensasaal mit angeschlossenen Seminarräumen, eine Turnhalle, ein Gästehaus und eine Datsche.
Seit drei Jahren bewohnt eine Gruppe enthusiastischer AktivistInnen aus der Region das Gelände. Hier wollen sie die Idee eines solidarischen, emanzipativen und partizipativen Miteinanders Realität werden lassen. Mit ihrem Projekthof „Wukania“ wollen sie sich und anderen Menschen die Möglichkeit bieten, eigene Projekte zu realisieren und sich politisch in der Region und für die Region zu engagieren. „Wukania ist kein Landprojekt im üblichen Sinne“, sagt Anna, die von Anfang an dabei ist. Im Vergleich zu anderen Landkommunen wolle man sich in politische Debatten im Landkreis Barnim einmischen.
Damit umreißt Anna nicht nur eines der wesentlichen Charakteristika des Hofes, sondern auch das Gründungsmoment: Das Projekt wurde ins Leben gerufen, um politische Probleme in der Region anzugehen und eine solidarische Alternative aufzuzeigen. Zu den Problemen der Region zählen nicht nur Rechtsextremismus, sondern auch Gentechnik oder der Klimawandel. Der Projekthof soll so auch ein gesellschaftlicher Akteur werden. Damit gingen die GründerInnen einen anderen Weg, als man es sonst aus ländlichen Regionen im Osten gewohnt ist: Anstatt in die große Stadt Berlin oder in den Westen zu flüchten, entschied man sich, vor Ort zu bleiben und die Entwicklung der Region mitzugestalten. Das Engagement des Projekts kommt an: „Viele Bürger und Kommunalpolitiker schätzen unsere Arbeit“, sagt Anna. Das liege unter anderem daran, dass die Arbeit der Gruppen offen und transparent gestaltet werde.
Eine weiteres wichtiges Charakteristikum ist die Ablehnung des Eigentums von Grund und Boden. Diese Einstellung manifestiert sich in den Besitzverhältnissen des Grundstücks. Die Fläche gehört nicht den BewohnerInnen, sondern der Stiftung „DS“, die das Gelände 2008 kaufte. Das Wukania-Kollektiv hat lediglich ein Nutzungsrecht, so wird die Sanierung der Gebäude und die Entwicklung des Hofes auf eigene Kosten vorangetrieben. Der Clou: Dadurch werde es unmöglich gemacht, dass das Grundstück in private Hände gerät und reprivatisiert und marktwirtschaftlich verwertet werden kann. Sollten sich die Menschen des Projekthofs eines Tages zerstreiten, wäre das Grundstück also nicht gefährdet, sondern stünde neuen Gruppen zur Verfügung „Wir investieren nicht in unser Grundstück, sondern in eine Idee“, sagt Anna. Zudem werde durch die Ausschaltung von Eigentum an der Immobilie ein hierarchiefreier Umgang ermöglicht, da niemand die Position hätte, über die Belange des Hofes im Konfliktfall allein zu entscheiden.
Derzeit leben 17 Menschen in Wukania, 50 Leute beteiligen sich insgesamt an dem Projekthof und sind in verschiedenen Gruppen aktiv. Organisiert wird sich über regelmäßig stattfindende Plena. „Wir sind basisdemokratisch organisiert. Für jede Entscheidung muss es einen Konsens geben. Wir entscheiden gemeinsam, wer und welches Projekt zu uns passt und bei uns verwirklicht werden kann“, sagt Anna. Wichtige Projekte sind der reformpädagogische Kindergarten „Wukaninchen“, der gemeinsam mit engagierten Menschen aus Biesenthal errichtet wird und zum Jahreswechsel eröffnen soll, die Gesundheitsgruppe „Wukasania“, die Videogruppe „Viwuk“, die Sommerherberge „SISSI“, ein Sportverein mit Yoga und Kinderzirkus sowie eine Selbsthilfe-Fahrrad- und Metallwerkstatt. In den Projekten wird versucht, auf den direkten Austausch von Geld zu verzichten. Wenn Gruppen auf dem Gelände Camps durchführen, leisten sie einen selbst gewählten finanziellen Beitrag oder sind bei anstehenden Ausbau- und Instandhaltungsarbeiten auf dem Gelände behilflich. Neue Projekte werden in Übereinstimmung mit den Aktiven des Hofes realisiert.
Wer den Wukania-Projekthof unterstützen will, kann dies auf verschiedene Weise tun: Der Hof freut sich über Spenden für den Kindergarten in Form von Baumaterial oder Geld, über neue MitstreiterInnen, die bei der Sanierung des Geländes helfen oder neue Projekte realisieren wollen. „Wir sind offen für jeden und jede, die vorbeikommt und unsere Idee unterstützt“, sagt Anna. Lukas Dubro