: Nur etwas weniger Grundrecht
Die Bürgerschaft debattiert über's verschärfte Polizeigesetz. Wie immer geht's um Freiheit versus Sicherheit
Von Sven-Michael Veit
Hamburgs Polizeigesetz wird verschärft werden. Das ist der Tenor der ersten Debatte über den Senatsentwurf am gestrigen Mittwochnachmittag in der Bürgerschaft. „Die Verhältnismäßigkeit der präventiven Eingriffe in die Freiheit der Bürger wird gewahrt“, sagte die grüne Innenpolitikerin Antje Möller. Die Details müssten noch im Innenausschuss und mit einer Expertenanhörung diskutiert werden.
Nun gibt es Fußfesseln
Die Reform bringt eine Vielzahl neuer Befugnisse für die Polizei. Zentral ist, dass künftig Fußfesseln auf richterliche Anordnung angelegt werden dürfen. Dies gilt einerseits bei terroristischen GefährderInnen. Zum anderen können die Fußfesseln auch bei Menschen zum Einsatz kommen, „von denen eine Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person ausgeht“, heißt es im Entwurf, der gestern erstmals in der Bürgerschaft debattiert wurde. Das schließt ausdrücklich Beziehungsgewalt ein – „um Frauen und ihre Kinder vor gewalttätigen Männern besser zu schützen“, erklärte SPD-Innenpolitiker Sören Schumacher.
Hamburg werde aber keinesfalls „in einen Wettbewerb um Deutschlands schärfstes Polizeigesetz einsteigen“. Stattdessen müsse „das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit sorgsam austariert werden“, so Schumacher.
„Sicherheit und Freiheit bedingen sich doch gegenseitig“, findet der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders (CDU). Christiane Schneider (Linke) beklagte die „gezielte Kontrolle,“ mit der die Polizei permanent Verdächtige durchsuchen darf. Da habe sie erhebliche grundrechtliche Bedenken.
AfD geht es nicht weit genug
Der AfD geht die Verschärfung nicht weit genug. Hamburg verzichte auch künftig auf Verlängerung der Präventivhaft und Online-Durchsuchung, beklagte Dirk Nockemann (AfD).
„Es gibt keine Ausweitung des Gefahrenbegriffs nach bayerischem Vorbild“, beharrte die Grüne Möller. Eingriffsbefugnisse wären dann schon auf Grundlage von Annahme gegen Personen möglich, die noch gar nicht straffällig geworden sind. Dies wäre etwa der Fall, wenn bestimmte Verhaltensweisen darauf hindeuten, dass ein Anschlag bevorsteht. Statt einer konkreten Gefahr ginge es dann um prognostizierte drohende Gefahren.
Die Novelle des Polizeirechts hat mehrere Gründe. Neben der Anpassung an die Datenschutzgrundverordnung steht sie in Zusammenhang mit der Debatte nach dem Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016. Hinzu kommt das 2017 verabschiedete BKA-Gesetz, das Befugnisse des Bundeskriminalamts erweiterte und an dem sich die Länder nun orientieren.
Der Entwurf wurde gestern einstimmig in den Innenausschuss überwiesen.
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