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Paddeln mit Mudder Wähmann

Mit einem Sommerfestival am Lankenauer Höft will das Team der temporären Hafenbar Golden City den Rechten den Heimatbegriff wegnehmen. Dafür wird mit Sondergenehmigung vom Hafenamt über die Weser gepaddelt und ein buntes Programm aufgefahren, das sich an alle richten soll

Eine Kanutour ist stets so schön wie das Ufer, auf das sie zusteuert Foto: Golden City Bar

Von Teresa Wolny

Einmal mit dem Kanu in den Neustädter Hafen reinfahren, einmal im Hafenwasser schwimmen gehen. Legal und ohne Gefahr, in die Schrauben der großen Schiffe zu geraten: Am Sonntag, dem letzten Tag des „Golden City 360° Heimatliebe Sommerfestival“ ist das möglich – dank einer Sondergenehmigung vom Hafenamt. Vom 16. bis zum 18. August wird aus dem Lankenauer Höft ein Festival mit Bühnen, Foodtrucks, Camping und extravaganter Schwimmmöglichkeit, selbstverständlich unter Aufsicht der DLRG, „Outdoor-Wildbad“ nennt Nomena Struß von der temporären Hafenbar „Golden City“ das, immerhin befindet sich direkt gegenüber mit dem Neustädter Hafen Europas größter Terminal für Stück-und Schwergut. Um diesen zu erreichen zwängen sich regelmäßig riesige Pötte die Weser runter bis in den Bereich um das Lankenauer Höft.

Die Veranstalter*innen hoffen dabei besonders auf Besucher*innen aus den am Höft angrenzenden Stadtteilen wie Walle und Rablinghausen. Diese seien früher viel enger verbunden gewesen, weil man sich unter anderem durch die Hafenarbeit viel selbstständiger auf dem Wasser bewegte, so Frauke Wilhelm vom Golden City. Die einige vielleicht stutzig machende „Heimatliebe“ im Festivaltitel soll sich dann auch genau darauf beziehen: die Liebe zum Wasser. „Die Bremer und ihr Fluss“ ist das Narrativ. Und: „Wir wollen zeigen, dass dieser Begriff nicht nur den Rechten gehört“, so Wilhelm.

Damit sich die Kooperation mit dem Hafenamt richtig lohnt, mischen am Sonntag nicht nur Schwimmer*innen das Wasser rund um den Neustädter Hafen auf, sondern auch ein paar zusätzliche Fähren. Neben der regulären Verbindung, die von Ende April bis Anfang Oktober Überseestadt und Lankenauer Höft ansteuert, gibt es für die Hafen- und Wasserparty am Sonntag eine zusätzliche Fähre. Mit der „Över Hal“ kann dann zwischen Höft, Europahafen und der Pusdorfer Wassertreppe hin und her gekreuzt werden. Auch Sportboote dürfen nach Anmeldung ausnahmsweise vor dem Höft festmachen, die Landzunge ist also von allen Seiten erreichbar. Das muss auch so sein: Die Leute auf die Landzunge zu locken, sei kein Spaziergang, so Wilhelm.

Musikalische Begleitung gibt es sowohl auf dem Land als auch zu Wasser auf der „Över Hal“. Die Auswahl ist bunt gemischt, man will sich nicht an eine bestimmte Szene richten. Auch der verhältnismäßig niedrige Eintritt soll „auch Leute ohne dickes Portemonnaie“ anziehen, sämtliche Gagen der 13 Bands wurden bereits durch ein Crowdfunding beglichen. Das Programm reicht von Berliner Acts wie dem ehemaligen Berghain-Türsteher Rummel­snuff, Shirley Holmes, die dieses Jahr schon auf der Breminale gespielt haben, über Bremer Größen wie Brennholzverleih oder Vladi Wostok bis zum Spielmannszug Da Capo aus Bremen. Wer nicht nur zuhören will, kann am Freitag entweder bei der Golden-City-Lokalrunde oder später beim Lagerfeuer selbst mitsingen.

Golden City will für Hafenbar und Hafengeschichte stehen, Musik und das Schwelgen in nostalgischen Schwänken über die verruchten 50er- und 60er- Jahre im Hafenmilieu Bremens. Frauke Wilhelm und Nomena Struß in ihren Kunstfiguren Ramona Ariola und Ramon Locker holen diese Erzählungen auf die Bühne. Auch beim Festival gibt es Erinnerungen an die goldenen Zeiten. Da ist zum Beispiel der Strand oder der über Bremen hinaus bekannte Campingplatz von „Mudder Wähmann“ auf dem Lankenauer Höft. Die Wirtin betrieb ab 1896 das Fährhaus Wähmann und wurde eine Bremer Institution. Das alles zu Zeiten, als Lankenau noch ein Dorf war. Durch den Bau des Hafens war es 1962 nach 220 Jahren mit dem Fährhaus vorbei, auch das Dorf musste weichen. Früher habe es vom Höft bis in die Stadt nur Strand gegeben, erzählt Struß. „Da wussten die Leute auch noch, was zu tun ist, wenn ein Pott vorbeifährt“: schnell die Kinder aus dem Wasser holen, damit diese von der Bugwelle nicht rein gezogen werden.

Seit letztem Jahr nutzt das Golden City das Gelände auf dem Lankenauer Höft, vorher hatte die Hafenbar ihr Quartier im Europahafen. 19 Veranstaltungen mit insgesamt mehreren Tausend Besucher*innen gab es dieses Jahr auf dem Höft bereits. Im September ist Schluss mit der Zwischennutzung. Es gibt einen neuen Investor, und nachdem der reguläre Gastronomiebetrieb Ende 2016 dicht machte, soll nun zwischen Waterfront auf der einen und Neustädter Hafen auf der anderen Seite des Wassers ein neuer Betrieb entstehen. Das Festival ist gleichzeitig also auch eine Art Abschied von der Landzunge und ihrem schiefen, blau-weißen Radarturm. Mit dem Golden City solle es auf jeden Fall weitergehen, sagt Frauke Wilhelm. „Wir wissen nur noch nicht genau wie.“

Für die Kanufahrt, das Camping, den Bootsanleger und den am Sonntag stattfindenden Vintage-Flohmarkt wird um Anmeldung gebeten, Fähre fahren und schwimmen geht ohne. Der Eintritt beträgt 10 Euro pro Tag oder 18 Euro für Freitag und Samstag, Sonntag ist der Eintritt frei

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