Linkspartei und AfD liegen vorn

Die Linke ist laut „Thüringentrend“ erstmals stärkste Partei. Gleich dahinter liegt die AfD. Die CDU käme bei der Landtagswahl auf Platz 3. Linken-Landeschefin ist dennoch optimistisch, dass Rot-Rot-Grün gelingt

Von Michael Bartsch
und Anna Lehmann

Die Thüringer Linkspartei liegt drei Monate vor der Landtagswahl in Thüringen erstmals vorn. Knapp gefolgt von der AfD. Das zeigt der am Dienstagabend veröffentlichte „Thüringentrend“, der deutlich von bisherigen Umfragen aus dem Frühjahr abweicht.

Während die Linkspartei gemäß der Umfrage von Infratest dimap auf 25 Prozent käme und die AfD auf 24 Prozent, würde die CDU momentan nur noch 21 Prozent erreichen. Andere Umfragen seit Jahresbeginn sahen die AfD bei nicht mehr als 20, die Union hingegen bei 27 Prozent.

Die Linke stellt mit Bodo Ramelow in Thüringen ihren bundesweit einzigen Ministerpräsidenten – und setzt alles daran, ihn zu halten. Der aktuelle „Thüringentrend“ sei zunächst mal ein „total positives Signal“, meint daher die Thüringer Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. „Wir wollen stärkste Kraft werden und sehen nun erstmals, dass es möglich ist“, sagte sie der taz. Das sei definitiv auch dem Ramelow-Effekt geschuldet. Ramelow führt seit 2014 eine Koalition zusammen mit SPD und Grünen, die mit nur einer Stimme Mehrheit regiert. Die rot-rot-grüne Koalition hätte laut aktueller Umfrage keine Mehrheit. Sie sei aber ziemlich optimistisch, dass Rot-Rot-Grün zu schaffen sei, meint Hennig-Wellsow.

Ob das klappt, hängt auch vom Abschneiden der Regierungspartner ab. Der Aufwärtstrend der Grünen macht sich zwar auch in Thüringen bemerkbar. Die Öko-Partei hat die Chance, ihr Ergebnis von 2014 zu verdoppeln. Derzeit käme sie auf 11 Prozent.

Die SPD hingegen, bislang stets bei mindestens 10 Prozent Zustimmung, fällt auf 8 Prozent. Die FDP würde die 5-Prozent-Hürde knapp überspringen. Zieht sie in den Landtag ein, würde es für Rot-Rot-Grün kaum reichen. Aber auch andere Koalitionen, etwa ein Bündnis zwischen CDU und Grünen, wären nicht mehrheitsfähig.

Den historisch niedrigsten Umfragewert der Thüringer CDU erklärt Generalsekretär Raymond Walk mit der „Überlagerung von den Bundesthemen Flüchtlingspolitik und Klimapolitik“. Bei der Landtagswahl im Oktober würden auch die landespolitischen Themen wieder ins Zentrum rücken. Walk schöpft zugleich Hoffnung aus gestiegenen Zustimmungswerten für den CDU-Spitzenkandidaten Mike Mohring. Zugleich relativierte er die Infratest-dimap-Umfrage. Eine Civey- Umfrage sähe die Union bei 26 Prozent und AfD und Linke bei niedrigeren Werten.

Dirk Adams, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, betonte ebenfalls den vorläufigen Charakter solcher Umfragen. Gleichwohl bestätige die aktuelle aber den grünen Kurs vor allem in der Umwelt- und Klimapolitik. „Es geht weiterhin um Zusammenhalt in der Gesellschaft und das Verhindern des Rechtsrucks.“

Thüringens SPD-Vorsitzender und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee nimmt die Umfrage wegen des daraus ablesbaren bundesweiten Trends ernst. Auch wenn das aufgebaute Misstrauen von Wählerkreisen gegen etablierte Parteien durch gute rationale Politik kaum beeinflussbar sei, werde die SPD nicht zu einer Einthemenpartei der einfachsten Antworten mutieren, sondern beharrlich das Gespräch mit Bürgern suchen. Die Rolle seiner Partei sieht Tiefensee als „stabilisierende Kraft der Balance und des Ausgleichs zwischen den Extremen“, sagte er der taz.

Die AfD Thüringen, die mit ihrem Frontmann Björn Höcke als besonders radikal gilt, war für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Linken Chefin Hennig-Well­sow möchte nicht ausschließen, dass die CDU trotz heftiger gegensätzlicher Beteuerungen am Ende doch mit der AfD koaliert. „Eine Option bleibt eine Option.“ Gerade in der zweiten Reihe gäbe es in beiden Parteien emotionale Nähe und auf kommunaler Ebene auch Zusammenarbeit, so Hennig-Wellsow. Die Thüringer hätten im Oktober eine echte Wahl, appellierte sie: „Eine linke Regierung mit Ramelow oder eine rechte mit Höcke oder Mohring.“