Wechsel an Spitze der US-Geheimdienste: Trump will hören, was ihm gefällt

Die Bestätigung des Abgeordneten John Ratcliffe als US-Geheimdienstkoordinator durch den Senat scheint nicht gesichert. Selbst Republikaner zögern.

Ein Mann mit Anzug und roter Krawatte spricht in einem Sitzungssaal. Es ist John Ratcliffe

John Ratcliffe bei der Anhörung des früheren Sonderermittlers Robert Mueller im Kongress Foto: reuters

BERLIN taz | Zwei Tage nach der Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, den republikanischen Abgeordneten John Rat­cliffe als Nachfolger des Mitte August aus dem Amt scheidenden Geheimdienstkoordinators Dan Coats zu nominieren, scheint dessen Bestätigung durch den Senat mehr als ungewiss. Von demokratischen Senatoren wurde bislang einheitliche Ablehnung laut. Aber auch auf republikanischer Seite gibt es Bedenken.

Coats gehörte seit vielen Jahren zum republikanischen Establishment. Er hatte als Botschafter in Berlin und als Senator einiges an Erfahrungen gesammelt, sodass man annehmen konnte, dass er leidlich so unabhängig agieren konnte, wie es von der Spitze der US-Geheimdienstkoordination erwartet wird.

Im Unterschied dazu erscheint Ratcliffe als unerfahrener politischer Neuling, der sich ausschließlich als vehementer und aggressiver Trump-Verteidiger einen Namen gemacht hat. Coats akzeptierte die Erkenntnisse seiner eigenen Dienste über den Einfluss Russlands auf die US-Wahlen 2016 – Ratcliffe hält das alles im Wesentlichen für eine Erfindung und Verschwörung des „Deep State“ gegen Trump.

Als der ehemalige Sonderermittler Robert Mueller in der vergangenen Woche im Kongress auftrat, warf ihm Ratcliffe sehr scharf vor, vollkommen parteiisch agiert und seine Kompetenzen überschritten zu haben. Trump gefiel das gut.

Fakten? Das ist nicht, was unser Präsident möchte

James Clapper, von 2010 bis 2017 Geheimdienstkoordinator unter Präsident Barack Obama, brachte die Befürchtungen vieler klar zum Ausdruck: Er sorge sich, dass die Dienste „angehalten werden könnten, Analysen so zu schreiben, dass sie mit der Weltsicht des Präsidenten zusammenpassen und nicht mit den Fakten“.

Der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut sagte auf MSNBC, der Präsident wolle „gern jemanden in die Position bringen, der mit seinen eigenen Vorstellungen von Geheimdienstarbeit übereinstimmt“.

Der demokratische Senator Gary Peters aus Michigan

„Der Präsident mag keine Leute, die ihn herausfordern“

Sein Senatskollege Gary Peters aus Michigan sieht das auch so: „Der Präsident mag keine Leute, die ihn herausfordern. Aber wenn man an den Posten des Geheimdienstkoordinators denkt, ist unabhängiger Rat gefragt. Man will die bestmögliche Analyse der Dienste, um Entscheidungen auf der Basis von Fakten und Realität treffen zu können. Das ist aber nicht, was unser derzeitiger Präsident möchte.“ Rolf Mowatt-Larssen, ein früherer hoher CIA-Mitarbeiter, meint, die Nominierung Ratcliffes sei „klar der Versuch, alle Macht, die [Trump] braucht, in den Händen von Loyalisten zu konzentrieren“.

Ratcliffe war 2014 für Texas ins Repräsentantenhaus gewählt worden, nachdem er sich in den republikanischen Vorwahlen, unterstützt von der Tea Party, gegen den langjährigen Amtsinhaber durchgesetzt hatte. Er hat von den konservativsten Organisationen die höchsten Bewertungen und gilt als konservativer Hardliner. Und als derjenige von den sechs Geheimdienstkoordinatoren seit Schaffung des Postens nach dem 11. September 2001 mit der wenigsten Erfahrung überhaupt.

Selbst Republikaner zögern bei Ratcliffe

Republikanische SenatorInnen äußerten sich bislang zurückhaltend zu Trumps Nominierung. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Senator Richard M. Burr aus North Carolina, sagte, er kenne Rat­cliffe nicht, freue sich darauf, ihn zu treffen und werde die Nominierung durch das notwendige Prozedere moderieren.

Susan Collins, republikanische Senatorin aus Maine und ebenfalls Mitglied im Geheimdienstausschuss, sagte, sie wünsche sich auf dem Job jemanden „mit der Integrität und den Fähigkeiten, alle Geheimdienste zusammenzubringen“.

Senator Marco Rubio aus Florida betonte, er sage zwar nicht, dass Ratcliffe den Job nicht machen könne. Aber es würde schwierig werden, die Bestätigung hinzubekommen, zumal jemand auf dem Posten „mit einer starken Stimme der Unterstützung“ antreten sollte.

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