B-Note: So goldig,diese Bronze!
Nach dem Halbfinaleinzug der Engländerinnen lobt Coach Phil Neville ausgiebig eine Spielerin
Phil Neville, Englands Coach
Es war eine sportliche Liebeserklärung. Der Trainer ist vor seiner Spielerin regelrecht auf die Knie gegangen. Nach dem 3:0 der Auswahl Englands gegen Norwegen im ersten Viertelfinale dieser Weltmeisterschaft war Phil Neville schier nicht mehr zu bremsen, so gut hatte ihm der Auftritt von Lucy Bronze gefallen. „Sie ist die beste Spielerin der Welt“, hat er gesagt. Und noch viel mehr. Es war wie ein Minnesang auf eine Spielerin, eine Ode, ein Hymne sowieso. So etwas bekommt man selten zu hören. Trainersprech geht eigentlich so: Ich möchte keinen einzelnen Spieler herausheben. Oder: Was wir heute geschafft haben, war das Verdienst der ganzen Mannschaft. Und wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, über eine herausragende Einzelleistung zu sprechen, dann sagt der Trainer meist nicht viel mehr als: Wir wissen, was wir an ihr haben.
Anders Phil Neville. Wir protokollieren: „Es gibt nicht den Hauch eines Zweifels: Sie ist die beste Spielerin der Welt. Sie sollte den Ballon d’Or gewinnen. Zu 100 Prozent. Daran gibt es keine Zweifel. Was wir heute gesehen haben, war eine Spielerin, die auf allerhöchstem Niveau agiert hat, und das ist genau ihr Niveau. Und je größer die Bühne ist, desto besser ist ihre Leistung. Ihre Leistung vor dem 1:0, der Schuss zum 3:0, sie ist einfach phänomenal.“
Neville wollte gar nicht mehr aufhören. Er selbst, sagte der ehemalige englische Nationalspieler, sei wie Bronze auch Verteidiger gewesen, aber das, was Bronze kann, das hätte er nicht draufgehabt. Dass sie den prestigeträchtigen Ballon d’Or gewinnen soll, das hatte er schon zu Jahresbeginn gesagt. Neville ist in seiner Liebe treu. Wie schön!
Warum nur erleben wir so etwas nicht häufiger? Warum langweilen uns so viele Trainer mit diesen abgedroschenen Phrasen aus teuer bezahlten Teambuilding- und Führungsseminaren? Warum sagen die Fußballtrainer nicht einfach, was ihnen gefällt? Und warum ist es so selten, dass sie ins Schwärmen über eine individuelle Leistung geraten? Wer das Spiel gegen Norwegen gesehen hat, dem wird aufgefallen sein, dass da eine Spielerin herausgeragt hat, eben jene Lucy Bronze, 29, Verteidigerin bei Olympique Lyon. Da war ihr 90-Meter-Sprint vorm 1:0 durch Jill Scott, das sie millimetergenau vorbereitet hat. Da waren ihre Tacklings in der Verteidigung, ihre Präsenz im Spielaufbau und dieser irre Schuss in der 57. Minute zum 3:0. Das darf man ruhig mal würdigen als Trainer. Die anderem im Team werden ja auch gesehen haben, was Bronze da abgeliefert hat.
Und sie werden mitbekommen haben, was Neville über die Mannschaft als Ganzes gesagt hat. Dass er auch ihr eine Liebeserklärung gemacht hat. „Ich habe den besten Job, den man sich vorstellen kann. Ich darf tagein, tagaus mit diesen herausragenden Spielerinnen arbeiten.“ Man könnte glatt neidisch werden auf ihn. Andreas Rüttenauer
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