Chinas Wirtschaft hat Trumpkater

Das Wachstum ist so flau wie zuletzt 1992. Peking gibt nun Forderungen aus dem Ausland nach

Von Felix Lee

6,2 Prozent Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal, davon können andere Volks­wirtschaften nur träumen. Im wachs­tumsverwöhnten China macht sich dennoch Krisenstimmung breit. Es ist nicht nur der niedrigste Wert seit 27 Jahren.

Ein Blick auf die am Montag vom Nationalen Statistikamt veröffentlichten Daten offenbart zudem, dass der von US-Präsident Donald Trump entfachte Handelskrieg immer tiefere Spuren in der chinesischen Wirtschaft hinterlässt. Das gilt besonders auf Chinas Außenhandel. Der hat seit Jahresanfang um 2 Prozent, im Juni sogar um 4 Prozent abgenommen.

Seit vergangenem Jahr überziehen sich die beiden weltgrößten Wirtschaftsmächte gegenseitig mit immer höheren Zöllen. Trump wirft den Chinesen unfaire Handelspraktiken vor, darunter Dumpingpreise, Technologieklau und Währungsmanipulation. China bestreitet das – hat aber seinerseits mit Strafzöllen auf US-Einfuhren vor allem aus dem Bereich der Landwirtschaft reagiert.

Noch bei der Veröffentlichung der Daten des ersten Quartals im Mai gab sich Chinas Führung selbstbewusst. Denn im ersten Vierteljahr hatte es noch zu einem Wirtschaftswachstum von 6,4 Prozent gereicht. Die kommunistische Führung hatte bereits vorher eine umfassende Umstrukturierung der Wirtschaft angekündigt, um die Binnenwirtschaft zu stärken.

Ökonomen betonen zwar, dass China inzwischen tatsächlich nicht mehr ganz so exportabhängig ist wie in der Vergangenheit. Die Exporte machen aber immer noch fast ein Fünftel der Wirtschaftsleistung aus. Die „schwache Auslandsnachfrage“ werde auch in der zweiten Jahreshälfte „eine der größten Herausforderungen sein“, warnt Zhang Yi, Chefvolkswirt beim Investmenthaus Zhonghai Shengrong Capital Management. Für das Gesamtjahr hält die kommunistische Führung dennoch an dem selbst gesteckten Wachstumsziel zwischen 6,0 und 6,5 Prozent fest.

Dieses Ziel wird allerdings teuer erkauft. Peking hat bereits Steuersenkungen in Höhe von umgerechnet über 200 Milliarden Euro beschlossen und die Kreditvergabe gelockert. Zudem ermutigt der Staat die Kommunen, mehr Geld über Anleihen aufzunehmen, um noch mehr in die Infrastruktur zu investieren. Auf die Industrie scheint das bereits positive Auswirkungen zu haben. Produktion und Einzelhandelsumsätze legten im Juni um 6,3 und 9,8 Prozent zu, wie das Statistikamt meldete.

Zudem hat die chinesische Regierung eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, die es für ausländische Unternehmen einfacher machen sollen, in China Geschäfte zu tätigen. Der Zwang zur Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen ist bereits gefallen. Auch geistiges Eigentum soll besser geschützt werden. Beides sind zentrale Forderungen der USA im Handelsstreit.

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