piwik no script img

Mein Bauch gehört mir

Wie sagt das Judentum, was das Christentum zum Thema Schwangerschaftsabbruch?

Wenn sich zwei Weltreligionen auf dem Evangelischen Kirchentag treffen und über das Thema Abtreibung reden, werden nicht einfach nur zwei Positionen rund um die Fragestellung „Gehört mein Bauch mir?“ vorgestellt. Nein, so einfach ist es nicht.

So erklärt der Oberrabbiner der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Raphael Evers, dass es nicht die eine jüdische Position zu dem Thema gibt. Wichtig sei dabei der Zeitpunkt der sogenannten Beseelung. Dieser sei jedoch von jüdischen Gelehrten verschieden angesetzt. Fest stehe, dass, auch wenn ungeborenes Leben in der jüdischen Tradition als schützenswert gilt, „sowohl die geistige als auch die körperliche Gesundheit der Frau durch eine Schwangerschaft nicht gefährdet werden darf“.

Bei einem kurzen Blick durch das Publikum fällt auf, dass der Altersschnitt deutlich unter 30 liegt. Eine Gruppe junger SchülerInnen schreibt während der Redebeiträge fleißig mit – einige nicken zustimmend.

Das Resümee der Pastorin fällt ähnlich aus. Aus christlicher Sicht sei die Frage eines Schwangerschaftsabbruches – trotz der menschlichen Schutzwürde – immer „individuell zu bewerten“. Das Christentum dürfe zwar ethische Vorstellungen anbringen aber den individuellen Kontext der Menschen dabei nicht vergessen, so die Pastorin.

Im Anschluss der Redebeiträge werden die Gemeinsamkeiten der jüdischen und christlich-protestantischen Vorstellungen bei der „Glaubens- und Gewissensfrage“ hervorgehoben, was sich in das sanfte Klima der Veranstaltung einreiht und durch das Nicken einzelner BesucherInnen unterstrichen wird. Zwei junge Frauen loben im Anschluss die „interessante Veranstaltung“, und an der Toilettenschlange wünscht mir einer der Wartenden – mit Blick auf meinen Bauch – alles Gute. Mandy Pohl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen