: Sozis ohne Plan
Wieder einmal schaffen es die Sozialdemokraten nicht, eine angemessene Reaktion auf das Platzender Regierung zu zeigen. Während andere schnell Neuwahlen gefordert haben, hält sich die SPÖ zurück
Wo ist Pamela Rendi-Wagner? Immer wieder fragen sich Journalisten, aber auch Kritiker der bisherigen Regierung, warum sich die Chefin der österreichischen Sozialdemokratie strenges Öffentlichkeitsfasten auferlegt. Wenn die liberalen Neos oder die Liste Jetzt von Peter Pilz längst griffige Kommentare gepostet oder ins Mikrofon gesprochen haben, wartet man oft vergeblich auf Reaktionen der größten Oppositionspartei SPÖ.
Die gelernte Ärztin, die im Herbst nach dem Rücktritt von Christian Kern als letzte Rettung der Sozialdemokratie auf den Schild gehoben wurde, hat lange gebraucht, um Tritt zu fassen. Sie hat es parteiintern auch nicht leicht. Gleich zu Amtsantritt fragte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig öffentlich, ob die Doppelbelastung als Partei- und Fraktionschefin nicht zu viel sei für die Quereinsteigerin. Und Hans-Peter Doskozil, der im Burgenland eine Koalition mit der FPÖ anführt, ist immer mit einer Gegenmeinung zur Stelle, wenn die Parteichefin zu weit nach links zu rücken droht. Die Koalition im Burgenland muss sich die SPÖ immer vorhalten lassen, wenn sie Kanzler Kurz für dessen Toleranz gegenüber seinem Regierungspartner zeiht.
Inzwischen gelten die vorlauten Neos als erfolgreichste Oppositionspartei, während die Sozialdemokraten den Eindruck erwecken, sie seien nach dem Machtverlust 2017 noch immer mit Wundenlecken beschäftigt. Das Platzen der Regierung hat sie nun auch auf dem falschen Fuß erwischt. Während Neos, Liste Jetzt und eine wachsende Menge von Demonstranten auf dem Ballhausplatz längst Neuwahlen forderten, schien sich Rendi-Wagner mit einem Rücktritt von Vizekanzler Strache zufrieden zu geben.
Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda zeigte sich am Samstag gelassen, was die Neuwahlen angeht. Die nach mehreren Wahlkämpfen leere Kriegskassa sei kein Problem: „Ob man bei null Prozent Zinsen drei Jahre früher oder später Geld ausborgt, spielt keine Rolle.“ Ob der Wahlkampf auch inhaltlich überzeugen kann, wird man sehen. (rl)
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