„Einsame Einzelkämpfer“ im Hausflur

ZeitungszustellerInnen wie Katrin Lange machen einen harten Job. Die Koalition will Verlagen helfen

Von Yannic Walther

Um 2 Uhr nachts startet die Schicht von Katrin Lange*. Wöchentlich 30 Stunden verteilt auf sieben Nächte stellt sie in Berlin Zeitungen zu. Nach einer Übergangsregelung seit Anfang 2018 auch für den vollen Mindestlohn. „200 bis 250 Euro sind das mehr auf dem Lohnzettel“, schätzt Lange, die zuvor wie die anderen 150.000 ZustellerInnen in Deutschland nach Stücklohn bezahlt wurde.

Mit der Umstellung von Stück- auf Mindestlohn seien die Vertriebskosten allerdings bis in die Unwirtschaftlichkeit gestiegen, klagen die Verleger. Abhilfe war im Koalitionsvertrag der Großen Koalition vorgesehen. Danach sollen die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung von ZustellerInnen im Minijob von 15 auf 5 Prozent gesenkt werden. Die Differenz würde aus Bundesmitteln beglichen, so Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Umgesetzt wurde das Gesetzesvorhaben bisher nicht.

Dem Fachmagazin Horizont zufolge seien die Verlegerverbände inzwischen mit dem Ministerium in Verhandlungen über einen direkten Zuschuss pro zugestellter Zeitung – nicht für die Zusteller, sondern zugunsten der Verleger. Über so einen Zuschuss würde sich auch Katrin Lange freuen. Zehn Jahre sind es für Lange noch bis zur Rente, die so klein ausfalle, dass Lange weiter zustellen müsse, erzählt sie – „vorausgesetzt, die Probleme im Rücken und im Fuß werden nicht schlimmer“.

Ob das in zehn Jahren noch Tageszeitungen sein werden, ist fraglich. Immer mehr Menschen lesen online. Die ZustellerInnen erleben diesen Auflagenrückgang unmittelbar. Die AbonnentInnenzahl ist auf Langes Strecke innerhalb der letzten 20 Jahre um die Hälfte gesunken. Hinzugekommen sind Magazine, die zuvor noch per Post zugestellt wurden.

Weniger PrintleserInnen bedeuten auch, dass die Agentur Katrin Lange die Zeit für die Tour kürzt. „Zeitlich macht das aber einen geringen Unterschied, ob ich nur im vierten Stock eine Zeitung vor die Wohnungstür lege oder auf dem Weg nach oben noch zwei andere zustelle.“ Viel entgegensetzen können ZustellerInnen den Kürzungen nicht, Betriebsräte sind selten. Stephan Bast ist einer dieser wenigen. Für ihn ist die Vernetzung in dem Beruf schwierig, weil ZustellerInnen „einsame Einzelkämpfer“ seien, die „weder von den Abokunden wahrgenommen werden, noch ihre Kollegen sehen“. * Name geändert