Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
In seiner Entstehungszeit ein Flop, gehört die poetische Gespenstergeschichte „Portrait of Jennie“ (1947) heute zu den sehr geschätzten Filmen des exzentrischen Produzenten David O. Selznick. Dessen damalige große Liebe Jennifer Jones spielt das Schulmädchen Jennie Appleton, das dem erfolglosen Maler Eben Adams (Joseph Cotten) in gewissen Abständen im New Yorker Central Park begegnet. Doch etwas ist seltsam an diesen Treffen, bei denen Jennie jeweils unverhältnismäßig gewachsen zu sein scheint. Adams Nachforschungen ergeben, dass sie bereits vor zwanzig Jahren bei einer Sturmflut ums Leben kam. Doch da hat er sich längst in sie verliebt: Jennie ist seine einzige künstlerische Inspiration. Die Übergänge zwischen Realität und Fantasie sind fließend, die Fotografie des Kameramanns Joseph August gehört zum Schönsten, was Hollywood zu bieten hatte: Im Gegenlicht einer fahlen Wintersonne wirken die Wolkenkratzer am Central Park nahezu irreal – majestätisch und melancholisch zugleich. Mit „Portrait of Jennie“ eröffnet das Zeughauskino eine Werkschau des Regisseurs William Dieterle (OF, 4. 5., 20 Uhr, Zeughauskino).
Von seiner Mutter Dabney fühlt sich der 13-jährige Stevie (Sunny Suljic) gegängelt, von seinem älteren Bruder Ian erfährt er meist nur brachiale Gewalt. Kein Wunder, dass sich Stevie Bestätigung anderswo sucht: in einer Gruppe von überwiegend älteren Skatern, deren Respekt sich der Anfänger nach und nach mit waghalsigen Aktionen erwirbt. „mid90s“, das Regiedebüt des Schauspielers Jonah Hill, blickt detailgetreu auf die Skaterszene im Los Angeles der 1990er Jahre: den Slang, die machohaften Prahlereien und die Verachtung jeglicher Autorität. Dabei gelingt es Hills Coming-of-Age-Film, die Szene zu entzaubern, ohne zu denunzieren. Denn natürlich sind auch Stevies vergötterte Skater einfach nur Menschen wie alle anderen – mit Fehlern und Stärken (OmU, 2.–3. 5., 6.–8. 5., 17.20 Uhr, 3. 5.–4.5., 23.20 Uhr, Wolf Kino).
Ein filmisches Experiment: Für seinen fast ausschließlich in einem Wohnzimmer spielenden Kriminalfilm „Rope“ (1948) ließ Alfred Hitchcock die Kamera jeweils für die Länge einer Filmrolle (zehn Minuten) durchlaufen. Am Ende und am Anfang jeder Rolle dient dann ein direkt vor der Kamera stehender Schauspieler als Schwarzblende. So bleibt die Einheit von Ort und Zeit gewahrt, und es entsteht der Eindruck, der Film sei in einer einzigen Einstellung entstanden. Tatsächlich müssen die komplizierten Kamerabewegungen innerhalb der Wohnung eine erhebliche Herausforderung gewesen sein – ziemlich beeindruckend (OF, 5. 5., 19.30 Uhr, Arsenal).
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