: Catering-Service mit Beigeschmack
Menschenrechtsorganisationen kritisieren in Köln das vom Weltjugendtag beauftragte Catering-Unternehmen Sodexho. Der multinationale Konzern verdient auch an Geschäften mit Chipkarten für Flüchtlinge, in Gefängnissen und an Militäraufträgen
AUS KÖLN ISABEL FANNRICH
Der Weltjugendtag gerät wegen der von ihm beschäftigten Cateringfirma Sodexho zunehmend in die Kritik. Weil der multinationale Konzern, der rund 400.000 Pilger in Köln und Umgebung mit Essen versorgt, seine Geschäfte auch mit Dienstleistungen für Militär, Gefängnisse und Flüchtlingen macht, findet heute Nachmittag in Köln eine Protestaktion statt.
Mit Postkarten und Luftballons will das bundesweite Netzwerk „kein mensch ist illegal“ vor allem auf die unkritische Haltung der WJT-Organisatoren gegenüber Sodexho aufmerksam machen. Bereits im April hatte die Berliner „Initiative gegen das Chipkartensystem“ das Weltjugendtags-Büro aufgefordert, mit dem in 76 Ländern aktiven Konzern nicht zu kooperieren. „Gerade bei dem christlichen Weltjugendtag erwarten wir eine größere Sensibilität für die Geschäftspraktiken beteiligter Dienstleister“, so Thomas Meier von der Berliner Initiative.
Auf Anfrage der taz erklärte WJT-Geschäftsführer Hermann-Josef Johanns, es habe keine „ethischen Bedenken“ gegeben, Sodexho mit dem Catering zu beauftragen. Nach einer weltweiten Ausschreibung sei das Unternehmen mit dem „schlüssigsten Konzept“ ausgewählt worden. Außerdem handle es sich um keinen Konzern, der Waffen liefere. Und das Essen für Gefängnisse würde nur von unbewaffneten Mitarbeitern geliefert.
Johanns räumte ein, dass es sicherlich moralische Bedenken gegeben hätte, wenn Sodexho im Irakkrieg seine Geschäfte gemacht hätte. Dagegen bezeichnete Tobias Raschke von der Kirchentags-kritischen Bewegung „Wir sind Kirche-Jugend“ es als „moralisch verwerflich“, ein Unternehmen wie Sodexho zu beschäftigen, das zudem beim WJT Müllberge produziere. „Es wäre viel besser gewesen, wenn das alles lokale Unternehmen gemacht hätten.“ Eine „sehr kommerzielle Veranstaltung“ fände „ohne Ethik“ statt, kommentierte auch Christian Weisner von „Wir sind Kirche“.
Sodexho mit seinen weltweit 308.000 Mitarbeitern hatte bereits das Catering für die Weltjugendtage in Paris und Rom geliefert, war aber 2002 in Toronto nicht dabei. In Deutschland ist das Unternehmen mit Hauptsitz in Marseille seit 1991 mit Catering und Dienstleistungen aktiv. Flüchtlingsorganisationen kritisieren hier vor allem das Geschäft mit den „stigmatisierenden, menschenunwürdigen“ Einkaufsgutscheinen und -chipkarten. Diese bekommen Flüchtlinge anstelle von Bargeld. Sie gelten nur für bestimmte Geschäfte und schließen den Kauf von Produkten wie Alkohol oder Blumen aus. Nach Schätzung des Flüchtlingsrates Niedersachsen leben in dem norddeutschen Bundesland rund 100.000 Flüchtlinge. 60 bis 70 Prozent der Kommunen nehmen die Dienstleistungen von Sodexho in Anspruch, bis zu 15.000 Flüchtlinge müssten mit Gutscheinen einkaufen gehen. In Berlin arbeiten die Sozialämter der Stadtbezirke Spandau und Reinickendorf mit dem Chipkartensystem. Sodexho selber war für eine Auskunft über diesen Geschäftsbereich nicht zu erreichen.
In scharfe Kritik geraten sind auch die Aktivitäten von Sodexho im internationalen Militär- und Gefängnisbereich. Auf der eigenen Internetseite wirbt der Multi mit Dienstleistungen für Militäroperationen, „die in den nächsten zehn Jahren höhere Mobilität erforderten“. So hat sich Sodexho bereits am Kosovo-Einsatz der französischen Armee beteiligt oder mit der Nato Geschäfte in Afghanistan gemacht.