: Unsere deutschen Freunde
Ozan Ata Canani sang schon 1978 auf Deutsch über das Leben in zwei Welten.
Als es Ende der 1970er hieß, man möge die Gastarbeiter wieder nach Hause schicken, schrieb Ozan Ata Canani „Deutsche Freunde“. Es war eines der ersten Lieder, das ein Kind von Arbeitsmigranten auf Deutsch sang. Wenn man es heute hört, wundert man sich darüber, warum es kein Hit wurde. Es gab die Aufnahme nur auf Kassetten zu hören, die in türkischen Läden verkauft wurden. Die Originalaufnahme ging verloren.
Ata ist ein Spitzname. So wurde er gerufen, weil es schon so viele Mehmets in der Familie gab. „Ozan“ steht für Dichter, Poet oder Sänger. Mit zwölf, als er nach Deutschland kam, fing Ata an, die Saz zu spielen. Anfangs waren es Lieder, die ihm gefielen. Er spielte oft auf Hochzeiten, manchmal auch vor deutschen Zuhörern, die wissen wollen, worüber er singt. Das brachte ihn auf die Idee, deutsche Texte zu schreiben. 1978 zog Familie Canani von Bremerhaven nach Köln, und dort sah Ata zum ersten Mal den Spruch „Ausländer raus!“ auf einer Wand. In manchen Gasthäusern las man damals: „Türken verboten!“ In einer Zeitschrift der IG Metall findet Ata das berühmte Zitat von Max Frisch: „Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kamen Menschen.“ Das war der Auslöser, „Deutsche Freunde“ zu schreiben. Mit den „Deutschen Freunden“ waren die Politiker in Bonn gemeint.
„Arbeitskräfte wurden gerufen, unsere deutschen Freunde, aber Menschen sind gekommen, unsere deutschen Freunde, nicht Maschinen, sondern Menschen“, heißt es da. Das Lied erzählt aber auch vom Fremdsein, von der Zerrissenheit: „Und die Kinder dieser Menschen leben in zwei Welten. Ich bin Ata und frage euch, wo wir jetzt hingehören?“
Ata schickte eine Kassette an die Redaktion der TV-Sendung „Bios Bahnhof“, 1982 trat er dort mit seiner Band auf. Als Imran Ayata und Bülent Kullukcu 2013 Lieder für ihre Kompilation „Songs of Gastarbeiter“ sammelten, ging Ozan Ata Canani ins Studio und nahm „Deutsche Freunde“ noch einmal auf. So ist das Lied doch noch ein kleiner Hit geworden. Ulrich Gutmair
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