: Streiken für unser aller Wohl
VON FRAUKE BÖGER
Sie machen weg, was wir nicht sehen wollen. Wir sind peinlich berührt, wenn sie abends in unser Büro kommen, wenn wir mal länger auf der Arbeit geblieben sind. Wenn sie alle streiken würden, wäre das eine Katastrophe für uns, die wir doch so sehr an industriestaatliche Sauberkeit gewöhnt sind.
Trotzdem ist es schade, dass nur so wenige auf die Straße gehen. Nicht nur, weil sie einen angemessenen Lohn verdient haben und Arbeitskampf dafür mehr als legitim ist. Sondern auch, um uns mal kurz zu irritieren. Es geht nicht darum, dass man den Krankenhäusern oder Grundschulen wünscht, im Dreck zu versinken. Aber ein bisschen mehr Druck wäre angebracht. Die Bilder von den Müllbergen Anfang des vergangenen Jahres aus Neapel waren aufwühlend. Gibt ja nicht mehr so vieles, was uns aufschreckt – Dreck, viel Dreck vor unserer eigenen Nase gehört dazu.
Mehr Geld ist das Mindeste
Rund 8 Euro brutto die Stunde bekommt man fürs Dreckwegmachen. Im Osten nur rund 6 Euro. Das ist zu wenig für die schwere Arbeit. Und für die, die jetzt neu eingestellt werden, gilt nicht einmal mehr der alte Tarifvertrag. Da ist die Lohnspirale nach unten absehbar.
Aber es geht nicht nur um die schlechte Bezahlung. Es geht auch darum, dass Chefs respektvoll mit ihren Mitarbeitern umgehen – indem sie zum Beispiel nicht willkürlich kündigen. Die allein durch unsere Büros ziehen, haben Respekt verdient. Aber nicht diese Art von verschämtem Respekt, der uns fliehen lässt, wenn wir hören, wie sie sich nähern. Sondern echte Anerkennung ihrer Arbeit.