: In der Grauzone
Die US-Unternehmen Uber vermittelt eine zunehmende Zahl von Fahrten in Berlin – zum Ärger der Taxibranche. Ist es illegal, was die Mietwagen-Fahrer*innen da treiben?
Von Hannes Koch
Gegen den Fahrdienst-Vermittler Uber gab es hierzulande schon etliche Gerichtsurteile. Erst im Dezember 2018 untersagte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein Geschäftsmodell der US-Firma (Urteil vom 13.12.2018, Az. I ZR 3/16). Seltsamerweise bietet das Unternehmen trotzdem seine Dienste in mehreren bundesdeutschen Städten an, unter anderem in Berlin. Handeln die Mietwagen-Betriebe illegal, die mit Uber in der Hauptstadt kooperieren?
Nach Informationen der Taxi-Innung Berlin warten beispielsweise am Flughafen Tegel regelmäßig Wagen, um Fahrten abzuwickeln, die über die Uber-Smartphone-App vermittelt wurden. Die ausländischen Tourist*innen finden das oft ganz normal – kennen sie den Vermittlungsservice doch aus anderen Ländern. In Dutzenden Staaten kann man das Angebot inzwischen nutzen.
Einige europäische Länder, darunter Deutschland, sind für Uber allerdings schwieriges Pflaster. Denn das Taxigewerbe wehrt sich mit Abmahnungen und Klagen. Doch die US-Firma gibt nicht auf und versucht auch hierzulande ihre Geschäftsmodelle durchzusetzen. Zwischen 2017 und 2018 ist die Anzahl der registrierten Mietwagen in Berlin von rund 1.600 auf etwa 2.300 gestiegen, wie die Senatsverwaltung für Verkehr im Februar auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Sebastian Czaya erklärte. Zum Vergleich: Gut 8.000 Taxen sind in der Stadt unterwegs. Der Zuwachs dürfte auch damit zu tun haben, dass die US-Firma ihren Dienst UberX anbietet, der Mietwagen vermittelt.
In dem Konflikt geht es darum, dass Uber den Taximarkt unterwandert und die gesetzlichen Regeln kreativ interpretiert. Offiziell vermittelt UberX Transporte mit Mietwagen. Tatsächlich verhielten die sich jedoch wie Taxis, beschwert sich die Taxi-Innung. Wo liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen den beiden Geschäftsmodellen?
Durch Bundes- und Landesgesetze sind „die Taxis streng reguliert“, erklärt Roman Becker, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin. Diese Fahrer*innen müssen prinzipiell rund um die Uhr Fahrgäste transportieren, auch auf kurzen, nicht lukrativen Strecken. Das macht sie zu einem verlässlichen Teil des öffentlichen Verkehrs. Deshalb dürfen und sollen sie in der Stadt herumfahren und Passagiere auflesen. Und sie unterliegen der Tarifbindung: Die Preise sind festgelegt.
Solche Pflichten und Rechte haben Mietwagen wie UberX nicht. Sie müssen nicht unterwegs sein. Wann sie Transporte anbieten, bleibt den Unternehmen überlassen. Grundsätzlich müssen sie nach jeder Fahrt zu ihrer Zentrale zurückkehren. Ausnahme: Sie erhalten einen neuen Auftrag schon während der Rückfahrt. An die Taxitarife sind sie nicht gebunden, weshalb sie billiger oder auch teurer sein können.
Die Frage lautet nun: Beachten die UberX-Mietwagen beispielsweise am Flughafen Tegel diese Regeln? „Nein“, sagt Leszek Nadolski, Vorsitzender der Taxi-Innunng Berlin, „viele Uber-Fahrer halten sich nicht an die Rückkehrpflicht.“ Die Fahrzeuge warteten nicht an ihren Zentralen im Berliner Stadtgebiet oder in Brandenburg, sondern in der Nähe des Airports, so Nadolski. Erhielten sie über die Uber-App einen Auftrag, seien sie schnell zur Stelle. Das Angebot UberX unterscheide sich darin kaum von der Variante UberBlack, die der Bundesgerichtshof untersagt hat: „Junger Wein in alten Schläuchen“, sagt der Taxichef. „Das ist wohl als illegal zu bezeichnen“, erklärt auch Anwalt Becker.
Die US-Firma vertritt eine andere Einschätzung. „Wir legen großen Wert darauf, dass sich die Mietwagenfirmen, mit denen wir kooperieren, an die geltenden Regeln halten“, sagt Tobias Fröhlich, Sprecher von Uber Deutschland. Er argumentiert, die Partner führen nicht nur für Uber, sondern auch andere Vermittler. Deswegen erhielten sie oft schon vor der Rückkehr zur Zentrale neue Aufträge. „Uber kann die kompletten Fahrabläufe der Kooperationspartner nicht kontrollieren“, so Fröhlich. Unter anderem deshalb ist es für Berliner und Brandenburger Behörden schwierig, den Fahrer*innen Verfehlungen nachzuweisen ist.
Wie der Konflikt politisch ausgeht, ist offen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) plant eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes. Weil er unter anderem die Rückkehrpflicht für Mietwagen aufheben will, wäre das eine Hilfe für Uber und andere neue Mobilitätsdienstleister. Die Taxiverbände wollen das unbedingt verhindern. Sie fordern umgekehrt, den Mietwagen ähnliche Sicherheitsregeln aufzuerlegen, wie sie für Taxen gelten. Außerdem sollen Fahrgemeinschaften in Taxis erleichtert werden. Derweil plant Uber, sein Angebot in weitere bundesdeutsche Städte auszudehnen.
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