: Lokalnachrichten auf Arabisch
Mit „Amal, Hamburg!“ geht eine neue Nachrichtenplattform online und schließt so eine Lücke in der lokalen Medienlandschaft. Die Redakteur*innen kommen aus Krisenländern
Omid Rezaee, Redakteur bei „Amal, Hamburg!“
Von André Zuschlag
Mit der Diversität in der Medienlandschaft ist das so eine Sache. Der typische Journalist sei männlich, weiß, 41 Jahre alt und stamme aus der Mittelschicht, schreibt der Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg. Gerade mal jede fünfte Journalistin bzw. jeder fünfte Journalist in Deutschland hat einen Migrationshintergrund, so das Ergebnis des Mikrozensus aus dem Jahr 2015. Es besteht also Nachholbedarf.
Hamburgs Medienlandschaft wird ab kommender Woche ein bisschen vielfältiger. Auf der Nachrichtenplattform „Amal, Hamburg!“ wird online auf Arabisch und Persisch über das lokale Geschehen in der Hansestadt berichtet. „Amal“, das sowohl in arabischer als auch in persischer Sprache „Hoffnung“ bedeutet, soll deshalb eine Lücke schließen – und eine neue Perspektive auf Themen liefern.
Die drei RedakteurInnen von „Amal, Hamburg!“ sind Omid Rezaee , Nilab Langar und Ahmad Alrifaee. Alle drei mussten in den vergangenen Jahren wegen ihrer journalistischen Arbeit bzw. wegen der Sicherheitslage ihre Heimatländer Iran, Afghanistan und Syrien verlassen. Der 29-jährige Rezaee, der die Hamburger Redaktion künftig leitet, wurde 2011 im Iran wegen seiner journalistischen Arbeit verhaftet und lebt seit 2014 in Deutschland.
Inhaltlicher Schwerpunkt soll zunächst bei dem Thema Migration liegen. „Schließlich interessiert das die Community am meisten“, sagt Rezaee. Bisher werden lokale Themen innerhalb der Community online vor allem in Facebook-Gruppen angesprochen, aber eben nicht professionell journalistisch aufgegriffen. „Da fehlt es an professioneller Aufbereitung“, sagt Rezaee. Er kennt sich in Hamburg bereits gut aus, denn er hat, wie seine beiden Kolleginnen, an der Hamburg Media School studiert. Nebenbei startete er die deutschsprachige Website „Perspektive Iran“, auf der er kritisch über das politische Geschehen des Landes berichtet.
Die Idee zum arabisch- und persisch-sprachigen Nachrichtenprojekt entstand ursprünglich in Berlin. Dort gibt es „Amal, Berlin!“ bereits seit 2017. Initiiert wurde das Vorhaben von den beiden Journalistinnen Julia und Cornelia Gerlach. Dort ist das Projekt ein Erfolg – die redaktionellen Inhalte werden täglich geliefert, die Klickzahlen sind gut. Dass es in Hamburg nun ein Schwester-Projekt gibt, ist für die Schwestern naheliegend: „Hamburg hat eine große afghanische Gemeinde, aber auch iranische und syrische Communitys“, sagt Julia Gerlach. Auf rund 50.000 wird die Zahl der afghanischen, irakischen, syrischen und iranischen Bürger*innen in Hamburg geschätzt.
Während man sich über das öffentliche Geschehen auf Bundesebene noch ohne deutsche Sprachkenntnisse informieren kann, etwa über die Kanäle der Deutschen Welle, ist es auf lokaler Ebene beinahe unmöglich. Das sah auch Omid Rezaee als Problem an, nachdem er 2014 nach Deutschland kam: „Das, was in meiner Umgebung passiert und worüber die Menschen in der U-Bahn reden, habe ich nicht mitbekommen. Deshalb habe ich mich ausgeschlossen gefühlt.“ Gerade für Neuangekommene sei es wichtig, ein lokales Nachrichtenangebot in einer Sprache zu haben, die sie beherrschen.
„Wir fokussieren uns in den Geschichten viel mehr auf den Kontext. Denn während gebürtige Hamburger*innen den schon kennen, ist das für die Newcomer noch Neuland“, sagt Rezaee. Neben tagesaktuellen Nachrichten soll es auf der Website auch längere Hintergrundgeschichten und Videos geben. Wenn die Kapazitäten es zulassen, sollen Themen aus der Community ins Deutsche übersetzt werden.
In Deutschland und auch in Hamburg fehlt meist der migrantische Blick auf die Themen. Das bestätigt auch Rezaee, der bereits für viele deutsche Zeitungen geschrieben hat: „Der Blick auf Themen ist ein anderer.“ Zudem haben die drei RedakteurInnen schon aufgrund ihrer sprachlichen Herkunft den Vorteil, dass sie Themen, die die Arabisch und Persisch Sprechenden bewegt, schneller journalistisch aufbereiten können.
Den zweiten Standort für das Nachrichtenportal Amal hatte die Hamburger Körber-Stiftung angestoßen, die evangelische Kirche unterstützt das Projekt ebenfalls. In Berlin ging die Nachrichtenseite als Projekt der Evangelischen Journalistenschule online, dass auch den Hamburger Ableger künftig betreut. Das Hamburger Abendblatt hat in ihrer Redaktion Platz für die Amal-Redakteure gemacht.
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