piwik no script img

Helene macht sich frei

Am Eingang der Helenenstraße ist die Steinmauer abgerissen worden. Eine Sichtschutzwand soll bestehen bleiben, die Rotlichtmeile insgesamt sauberer und sicherer werden. Über die Aktion gab es Einvernehmen

VonCornelius Runtsch

Ein Knattern röhrt über den Ziegenmarkt, als die Bauarbeiter den Presslufthammer ansetzen. Dann fallen die ersten Steine in den Abfallcontainer: Am Zugang der Helenenstraße ist am Dienstagvormittag die alte Mauer abgetragen worden, die zusammen mit den weiter hinten liegenden Sichtschutzwänden den Einblick in die Rotlicht-Straße erschwerte.

„Der Abriss der historischen Steinmauer ist das Ende eines langen und schwierigen Prozesses, den wir im letzten Jahr mit Beteiligten an einem Runden Tisch durchgeführt haben,“ sagt Ortsamtsleiterin Hellena Harttung. „Am Ende wurde einstimmig beschlossen, dass die Mauer abgerissen werden soll. Außerdem wird nun ein festes Urinal errichtet und die linke, hintere Sichtschutzwand erneuert.“

Über 100 Jahre stand die Mauer dort – wenn auch nicht denkmalgeschützt. Und so ist es auch ein Stück Bremer Geschichte, das hier Stück für Stück abgetragen wird. Begleitet wurde die Aktion von Vertreter*innen des Bauressorts, der Stadtreinigung und des Interessenvereins für die Rechte Bremer Sexarbeiter*innen „Nitribitt“.

Auch für die Sexarbeiter*innen sei dies ein entscheidender Schritt für mehr Sauberkeit und Sicherheit an ihrem Arbeitsplatz, erklärte eine Mitarbeiterin von Nitribitt.

Das Abtragen der Mauer bedeutet das Ende eines jahrelang währenden, städtebaulichen Disputs über die Zukunft der Bremer Rotlichtmeile im Viertel.

Unter anderem nachdem es 2017 zu einem Mord am Ziegenmarkt kam, wurde die Diskussion um Sicherheit an diesem Ort verstärkt geführt. Vor allem von der Polizei wurde der Bereich hinter der Mauer als ein Versteck für Kriminelle kritisiert. Steinmauer sowie die beiden Sichtschutzwände schafften dunkle, schwer einsehbare Ecken, in denen sich auch immer wieder Müll ansammelte.

Der rechte Teil der Sichtschutzwand wurde deshalb bereits 2018 abmontiert, um den Raum offener und luftiger zu gestalten.

In der Debatte um die Gestaltung des Eingangs zur „Helene“ gab es mehrere mögliche Szenarien. Vor Jahren war dabei sogar die vollkommene Abschaffung der öffentlichen Sexarbeit und eine Umstrukturierung zu einem gewöhnlichen Wohngebiet im Gespräch sowie eine Wiedereinführung einer geschlossenen Straße ganz nach dem Vorbild des 19. Jahrhunderts. Letztlich entschied man sich für eine Beibehaltung des Kiezes, allerdings eben umgestaltet, um den Problemen Müll und Kriminalität zu begegnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen