Das kommt: Auf Wiederhören
Montag wird es in Hannover im Radio auf der Frequenz 106,5 MHz nur rauschen. In der Nacht auf den 1. April sendet der Bürgersender Leinehertz zum letzten Mal. Ende vergangener Woche kündigte die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) an, dem Sender die Zulassung zu entziehen und die Förderung einzustellen. Grund sind fehlende Nachweise für die Verwendung öffentlicher Gelder. Die Frage ist nun, was aus der Frequenz wird.
Damit ginge eine freie Stimme für die Bürger*innen verloren, sagt Robert Litz, ehrenamtlicher Moderator bei Leinehertz. Als Bürgerfunk bleibt Hannover noch der Fernsehsender h1.
Wann und ob die Frequenz neu ausgeschrieben wird, kann die Landesmedienanstalt derzeit nicht beantworten. Nach taz-Informationen wird die Frequenz möglicherweise gar nicht wieder ausgeschrieben.
Für die 15 nichtkommerziellen Hör- und TV-Programme in Niedersachsen gibt die Landesmedienanstalt, nach Angaben der Staatskanzlei, jährlich 5 Millionen Euro aus. Dass die Medienanstalt Bürgerrundfunk zulässt, ist im Mediengesetz festgehalten – nicht aber, dass es in jeder Stadt ein Bürgerradio geben muss.
Allerdings: Dass Bürgerradios zur Vielfalt der Radiokultur beitragen, betont Kathrin Riggert, Sprecherin der niedersächsischen Staatskanzlei. „Sendungen auf Plattdeutsch und Musik zum Beispiel, die man woanders vergeblich sucht“, hätten dort ihren festen Platz. Es solle allen Bürger*innen „weiterhin möglich sein, selbst produzierte Beiträge und Sendungen eigenverantwortlich zu verbreiten“.
Radio-Leinehertz habe jahrelang keine vollständigen Nachweise für die korrekte Verwendung öffentlicher Mittel erbracht, sagt LMA-Direktor Andreas Fischer. Von 2016 bis 2018 fehlen Belege über 36.000 Euro. Zwar hatte der Sender selbst 2017 den Geschäftsführer entlassen, er habe aber „erhebliche Zweifel“, dass der neue Geschäftsführer die Vorschriften künftig erfülle, sagt Fischer.
In Hannover ist das Entsetzen groß: Die Verfehlungen der ehemaligen Geschäftsführung könnten nicht die „jahrelange Arbeit der vielen engagierten Menschen hier kaputt machen“, sagt Bruno-Adam Wolf von den Piraten. Die Kreisverbandsgruppe „Die Region“ von der Piratenpartei und „Die Partei“ setzte sich im Regionsausschuss für den Erhalt von Radio Leinehertz ein. Auch Regionspräsident Hauke Jagau hat sich jetzt der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gegenüber für den Erhalt des Senders ausgesprochen.
Am Freitag hat Radio-Leinehertz beim Verwaltungsgericht eine Klage gegen den Zulassungswiderruf eingereicht. Ein Wiederhören im April ist also denkbar. Carlotta Hartmann
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