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Where is the love?

Über Hass im Internet und was man konkret dagegen tun kann, erzählt Sina Laubenstein vom „No-Hate-Speech-Movement“ im Gespräch und auf dem taz lab

Sina LaubensteinJahrgang 1991, arbeitet bei den „Neuen Deutschen Medien­macher*innen“ und ist für das Projekt „No Hate Speech Movement“ mitverantwortlich.

Interview Vincent Bruckmann

taz am Wochenende: Was ist Hate Speech genau?

Sina Laubenstein: Jede*r hat den Begriff schon mal gehört, aber die Definition ist politisch umkämpft. Wir von den „Neuen Deutschen Medien­macher*innen“ definieren Hate Speech als sprachliche Handlungen gegen Einzelpersonen und Gruppen, vor allem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Gruppe in der Gesellschaft. Was bei unserer ­Definition zugegebenermaßen ein bisschen verloren geht: Im Internet sind es nicht nur sprachliche Handlungen, die Hass transportieren. Es können natürlich auch Bilder, Videos oder Musik sein.

Warum werden immer wieder Frauen wie die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und ­Luisa Neubauer zur Zielscheibe?

Der Hass, die Kommentare, die Gruppen, die organisiert Hate Speech verbreiten, sind immer die gleichen. Die betroffene Einzelperson ist eine andere. Was heute Greta Thunberg oder Luisa Neubauer sind, waren in den letzten Jahren z. B. die Sportmoderatorin Claudia Neumann oder Kübra Gümüşay. Das Pronlem ist ein Strukturelles. Es geht nicht um die konkrete Frau, die angegriffen wird. Viele Männer akzeptieren nicht, dass Frauen in Bereiche vorstoßen, die bisher männerdominiert waren.

Wie können sich die Betroffenen wehren?

Unbedingt mit Familien, Freund*innen oder Kol­leg*in­nen darüber sprechen. Das schlimmste Gefühl ist das der Isolation. Das Gefühl, dass die ganzen Welt einen hasst. Wenn man sieht, dass eine andere Person angegriffen wird, kann man der Person schreiben und sagen: Ich bin da, du bist nicht alleine. Man kann sich in Kommentarspalten einmischen oder Accounts stummschalten oder blockieren. Ich empfehle jeder*m, die Kommentare anzuzeigen, die strafrechtlich relevant sind. Nur so kann sich die Strafverfolgung im Netz verbessern.

Was kann auf (europa)politischer Ebene getan werden?

Der Europarat hat 2013 das No Hate Speech Movement ini­tiiert. Das war auch eine Reaktion auf die rechtsterroristischen Anschläge von Anders Breivik in Norwegen. Breivik hat schon vorher im Netz seinen rassistischen Hass geäußert, darauf hat aber niemand reagiert. Das Ziel des Europarats war die Ausbildung von jungen Menschenrechtsaktvist*innen im Netz. Solche Angebote muss es verstärkt geben.

Was noch?

In der Politik geht es bei Hate Speech häufig um die Tä­ter*in­nenperspektive: Wo kommt der Hass her? Wie können wir sie ­zurückholen? Viel wichtiger aber ist die Frage: Wie kann man den Betroffenen helfen? Sei es durch Expert*innen bei der Polizei und Staatsanwaltschaft, günstiger Rechtsberatung oder regionalen Stellen, an die sich die Opfer wenden können.

So etwas wie Frauenhäuser für Opfer von Hate Speech?

Genau. Es hilft, wenn man Abstand zwischen sich und dem Hass auf dem Bildschirm schafft. Aber nicht alle können sich ein Hotel leisten oder haben Freund*innen, die in der Nähe leben. Wenn einem mit einer Vergewaltigung gedroht-, und gesagt wird, dass die Adresse bekannt ist, hilft manchmal ein Ortswechsel. Man muss sich sicher fühlen können.

Auf dem taz lab: No Hate Speech, 11.30 Uhr, taz talks

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